Mittwoch, 30. November 2016

Indie-Autoren-Challenge - Marlies Borghold


Im März 2015 hatten einige Autoren die Idee sich einer besonderen Herausforderung zu stellen.
Ihnen sollten 15 Begriffe genannt werden und sie wollten eine Geschichte daraus machen, die mindestens drei Seiten lang sein sollte.



Die Autorin Marlies Borghold schreibt über sich:
Ich wurde vor sehr langer Zeit, im Jahre 1959, im schönen Borken (Westfalen) geboren und lebe seit über dreißig Jahren in der Nähe von Düsseldorf (auch schön dort!). Einer plötzlichen Eingebung folgend schrieb ich vor ein paar Jahren einen Roman. Schon bald kamen mir die Fortsetzungen hierzu in den Sinn. Im Jahre 2013 traute ich mich dann endlich und veröffentlichte unter dem Pseudonym Agnes M. Holdborg die ersten beiden Teile meiner romantischen Fantasy-Elfensaga „Sonnenwarm und Regensanft“ („Zwei Sonnen“ und „Sonnensturm“) als E-Books. Der dritte Teil „Elfenstern“ erschien im August 2014. Neben der Fortsetzung zu dieser Reihe arbeite ich zurzeit an dem Fantasyroman „Kuss der Todesfrucht“, aber auch an Projekten in anderen Genres wie Erotikthriller, Krimi und manchmal auch an Gedichten.



Marlies Borghold ist neu in der Autoren-Challenge-Gruppe und wurde von Any Swan nominiert.


Diese Begriffe musste sie unterbringen:

Motorschaden
Glühwein
Rum
Weiberheld
Hundedecke
Zimtschnecke
Papierflieger
Mietwagen
Niesattacke
Allergie
Vollmond
Flugzeug
Hunger
Angst
Nebel


Marlies schreibt:
So, ihr Lieben! Ich habe mich an meinem ersten IAC-Beitrag versucht. Hätte die Geschichte einen Titel, hätte ich “Das verflixte siebte Jahr” oder “Der Ring” gewählt, ABER das hätte den Rahmen der drei Normseiten gesprengt, lach. Hier also meine Geschichte:


Der riesige Vollmond erhellte den Abendhimmel, als Till aus Richtung des Münchener Flughafens heimfuhr.

»Supermond! Wen interessiert’s?«, grummelte er. Er hatte andere Sorgen, die ihm in diesem Moment erneut vor Augen geführt wurden, weil er seine Hände am Lenkrad sah. Kein Ehering! Wo hatte er den bloß verloren? Verdammt! Er konnte doch nicht ohne seinen Ring bei Lena auftauchen. Im verflixten siebten Ehejahr! Was würde sie denken? Er liebte sie, wie er noch nie einen Menschen zuvor geliebt hatte, und jetzt das!

Till war übernächtigt und äußerst schlechtgelaunt. Zudem hing ihm sein Magen vor Hunger in den Kniekehlen. Die Zimtschnecke am Vormittag während der Konferenz war längst verdaut. Außerdem hatten die beiden Rotzbengel neben ihm im Flugzeug einen Papierflieger nach dem anderen sausen lassen.

Eine heftige Niesattacke setzte seiner Grübelei ein Ende. Verflucht! Er hatte doch angegeben, dass er unter einer Allergie litt. Tierhaare waren am schlimmsten. Schon gestern beim Einsteigen in den Mietwagen hatte ihn das Gefühl beschlichen, man hätte ihm eine Hundedecke übergestülpt.

Gott, was für zwei unselige Tage! Erst der Motorschaden zu Hause, weshalb er das angeblich allergiefreie Auto gemietet hatte. Dann das überraschende Zusammentreffen mit seinem alten Klassenkameraden Jan im Foyer des Hamburger Hotels. Eigentlich hatte Till einen ruhigen Abend verbringen wollen. Der nächste Tag würde anstrengend werden. Jan hatte alles über den Haufen geworfen und Till zu einer Kneipentour überredet. So wie früher! Also checkte er rasch ein, lud den Koffer im Zimmer ab, und los ging es.

Jan betitelte ihn immer noch als Schürzenjäger. Reiner Neid, wie Till fand, obwohl bei ihrem Streifzug durch die Bars einige schmollmündige, wohlproportionierte Damen mehr als interessiert an ihm waren. Er aber nicht! Seit er Lena kannte, war seine Zeit als Weiberheld passé.

Erst in der letzten Bar war ihm aufgefallen, dass sein Ehering nicht am Finger steckte. Kein Wunder, dass er derart angeflirtet worden war. Was hatte er alles versucht, um den Ring wiederzufinden: seinen Freund und besagte Damen vor den Kopf gestoßen, vier Bars durchsucht. Doch er hatte ihn nicht finden können.

Morgens war er aufgewacht, mit Brummschädel vom Glühwein und Rum samt schlechtem Gewissen, da er sich nicht bei Lena gemeldet hatte – und wegen des Rings. Sein Hotelzimmer hatte er aufgrund der Suche völlig verwüstet, was zudem an den zahlreichen Drinks gelegen hatte. Entsprechend hoch war seine Hotelrechnung ausgefallen. Für ein Frühstück war vor der Konferenz keine Zeit geblieben, wohl aber für eine kurze Nachricht an seine Frau, damit sie sich nicht sorgte.

Wabernder Nebel ersetzte den klaren Sternenhimmel, während Till das Auto in der Einfahrt zum Haus abstellte. »Passend zur Stimmung«, flüsterte er und schloss, beladen mit Koffer und Aktentasche, die Tür auf. »Hallihallo!« Gute Laune heuchelnd schob er seine beklemmende Angst beiseite. Dann ließ er einfach alles fallen und nahm Lena in die Arme, nachdem diese auf ihn zugestürmt war. Sie schien ihm nicht böse zu sein. Das würde sich jedoch bald ändern, befürchtete er. Viele Worte wurden nicht gewechselt. Selbst nach sieben Ehejahren war ihr gegenseitiges Begehren unverändert groß und musste zunächst gestillt werden.

»Du siehst furchtbar müde aus«, stellte sie danach fest.
»Bin ich auch.« Schwer seufzend gab er sich einen Ruck und erzählte von seinen Erlebnissen, insbesondere vom Ring. Stirnrunzelnd besah sie sich seine Hand.
»Das ist mir gar nicht aufgefallen. Naja, wir hatten ja anderes zu tun.«
»Bist du denn nicht sauer?«
»Natürlich nicht. So etwas kann schließlich passieren.« Till fiel auf, wie seine Frau auf ihrer Unterlippe herumkaute. »Du bist doch sauer.«
»Nein, weil ... Ich, äh, ich hab...«, druckste sie herum.
»Was? Was hast du, Schatz?«, hakte er nach.
»Okay, hör zu«, begann sie. »Neulich beim Einkaufen, da musste ich auf die Toilette, und da hab ich meinen schönen Ring, den du mir zum siebten Hochzeitstag geschenkt hast, abgenommen, damit nichts drankommt. Dann hab ich ihn vergessen. Ich bin selbstverständlich sofort zurück, als ich es bemerkt habe, aber er war weg. Es tut mir so leid.«
Till griff nach ihrer Hand und stutzte. »Du trägst ihn doch.« Er hatte den Ring extra für sie anfertigen lassen.
»Nun ja, ich hab beim Juwelier einen neuen bestellt.«
Er grinste. »Echt?« Eine tonnenschwere Last fiel von ihm ab. Was hatte er sich verrückt gemacht. »Ich liebe dich.«
»Ja, echt! Da kann ich dir wohl kaum böse sein, oder?« Sie grinste. »Und ja, ich liebe dich auch.«

Am nächsten Morgen beugte er sich über die geöffnete Motorhaube seines kaputten Autos. Womöglich hatte er vor seiner Abreise den Grund für den Defekt übersehen. Also stieg er in den Wagen, um den Motor anzulassen. Und da lag er, sein Ring, unschuldig schimmernd auf dem Beifahrersitz.

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