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Donnerstag, 19. März 2020

KopfKinoVerlag - Thomas Dellenbusch

Große Verlage kennt jeder, aber viele wissen nicht, dass es kleine Verlage gibt, die ebenfalls sehr gute Bücher herausbringen. Hier möchte ich nun den KopfKinoVerlag vorstellen und habe dazu ein Gespräch mit Thomas Dellenbusch geführt. 





Lieber Thomas,

ich danke Dir, dass Du Dich meinen Fragen stellen möchtest. Bisher habe ich „nur“ Autoren interviewt, bis ich auf die Idee kam, dass ich ebenso gut auch mal Verleger interviewen könnte. Du bist allerdings beides - Autor und Verleger - und es kann sein, dass sich einige Fragen auf beide Tätigkeiten beziehen. Damit bin ich eigentlich auch gleich beim Thema, denn ich erzähle meinen Lesern als erstes, wie ich meinen Interviewpartner kennengelernt habe.
Für mich als Bloggerin gibt es reichlich Zufälle, und zufällig habe ich Dich bei einem Autorenfrühstück kennengelernt. Während ich frühstückte, durften Autoren etwas vorlesen, und ich weiß noch, wie begeistert ich von Deinem Auftritt war. Selber bin ich kein Freund von „dünnen“ Büchern, und deshalb war ich so überrascht, dass Du mich mit dem kurzen Stück aus Deinem Buch so gefesselt und neugierig gemacht hast. Das war der Beginn einer Autoren-Blogger-Buch-Freundschaft. Erst danach habe ich erfahren, dass Du einen Verlag und zwar den KopfKino-Verlag (MeinKopfKino.de) führst.


Wie bist Du auf die Idee gekommen, einen Verlag zu gründen?

Hallo Ulla, ich danke dir herzlich für dieses Interview. Deine erste Frage lässt sich nur beantworten, wenn ich dir erzähle, warum ich mich für das Literaturformat „Kurzromane“ entschieden habe. Meine Freundin und ich lassen schon einmal gerne den Fernseher aus, kuscheln uns stattdessen aufs Sofa und lesen uns gegenseitig aus einem Buch vor. Doch was liest man? Hört sich leichter an als es ist. Denn Vollromane scheiden aus, die kriegst du an einem Abend nicht fertig. Kurzgeschichten (per Definition maximal 20 Seiten) sind zu kurz. Die füllen den Abend nicht. Es müsste etwas dazwischen geben. Etwas, was beim Lesen ungefähr so lange ist wie ein Spielfilm, also etwa 2 Stunden. Das wäre ideal. Aber finde das mal! Das gibt es, ja, aber da kannst du lange suchen. Also dachte ich mir: Dann schreibst du solche 2-Stunden-Geschichten eben selber, immerhin bist du Texter von Beruf.
Und jetzt, nach dieser Vorgeschichte, kann ich dir auch deine Frage beantworten. Alle, die mich kannten, von Freunden, über Autorenkollegen, Lektoren bis hin zu Agenten, sagten mir: „Lass die Finger davon! Die Deutschen mögen dieses Format nicht. Das kauft keiner!“
Okay, das akzeptiere ich. Aber was ich nicht akzeptiere, ist, dass das NIEMAND mag. Denn es ist nicht nur perfekt als Filmersatz, egal ob auf dem Sofa oder beim Campen, es ist auch perfekt für die Zwischenräume des Lebens, z.B. eine Bahnfahrt von A nach B, die Auszeit im Café oder am Strand, beim Friseur, während die Farbe einwirkt u.s.w.
Trotzdem musste ich der Tatsache Rechnung tragen, dass „der Deutsche“ dieses Format grundsätzlich nicht mag. Auch du – du erinnerst dich – gehörtest dazu, bis du ein paar meiner Bücher gelesen hast. In welcher Form also, fragte ich mich, kann man dem Rechnung tragen? Wenn überhaupt, war mein Schluss, muss ich jene Autoren, die in diesem Format schreiben, an einer zentralen Stelle bündeln. Damit es den wenigen Fans von Kurzromanen leicht gemacht wird, diese zu finden. Wenn sie alle verstreut sind, kämpft jeder Autor alleine gegen Windmühlen. Ich halte es für förderlicher, wenn möglichst viele Kurzromane zentral unter einem Dach zu finden sind, gebündelt unter dem Motto „KopfKino in Spielfilmlänge“. Das war der Grund für die Verlagsgründung.


Du lebst im falschen Land dafür. Kurzromane sollen im angloamerikanischen Bereich deutlich beliebter sein als in Deutschland.

Das habe ich auch des Öfteren gesagt bekommen. Und das ist sicherlich auch der Grund dafür, dass bislang drei meiner Titel in den USA ins Englische übersetzt wurden.


Wie kam es zu dem Namen des Verlages?

Als Autor schreibe ich lebendig, also bildhaft. Beim Schreiben versetze ich mich in die Rolle eines Filmregisseurs, der mein Buch verfilmt. Ich schreibe so, wie ich das an seiner Stelle auf einer Leinwand inszenieren würde.
Ich kenne sehr viele Kollegen, die in ihren Büchern immer wieder in die sogenannte Berichtsform verfallen (Harald wurde wütend und verwies den unverschämten Bittsteller seines Büros). Ich schreibe so, dass sich im Kopf des Lesers ein Film abspielt (Harald schlug mit der Faust auf den Tisch und schrie: „Verlassen Sie sofort mein Büro!“).
Diesen Stil erwarte ich auch von meinen Verlagsautoren. Und was liegt da näher als dieser Verlagsname und diese Bezeichnung für die Kollektion: KopfKino in Spielfilmlänge?


Du hast ja einige Bücher geschrieben, wurden sie von Anfang an in dem Verlag veröffentlicht?

Ja, ich habe nie einen anderen Weg in Erwägung gezogen.


Du schreibst ja weiterhin noch Bücher, mich persönlich haben als erstes die Bücher „CHASE“ begeistert und danach „Verstecktes Herz“, Bücher in ganz verschiedenen Genres. Das finde ich auch sehr interessant, was darf ich von Dir noch erwarten?

Just im Moment schreibe ich am dritten Teil der CHASE-Reihe mit dem Arbeitstitel „Jagd auf den Schatz des Zaren“. Danach steht wieder etwas Literarisches à la „Verstecktes Herz“ auf der Agenda: „Der Garten der grünen Äpfel“ oder „Der Apfelgarten“.


Wie lange schreibst Du an einem Buch und wie sieht die Arbeitsaufteilung bei Dir aus?

Das Schreiben an sich geht relativ schnell, weil das Buch schon fix und fertig ist, wenn ich mit dem eigentlichen Schreiben beginne. Was ewig dauert, ist das Plotten, das Konzipieren der Story. Eine Kollegin sagte einmal in der „Rheinischen Post“: „Dellenbuschs Bücher sind wie aus einem Guss“ - komplett durchkonzipiert. Und dafür brauche ich sehr lange, manchmal ein Jahr und länger, insbesondere bei der CHASE-Reihe, in der es um intelligente Rätsel geht, die es sich auszudenken gilt. Die muss ich ja nun vorher alle entwickeln, damit sie in die Story passen und obendrein für Überraschungen sorgen. Und ich schreibe nun mal nicht nur. Viel Zeit geht auch fürs liebe Geldverdienen drauf, als Lektor, Verleger und Hörbuchproduzent.


Du bist sehr aktiv im Verband der Selfpublisher, auf Messen treffen wir beide uns regelmäßig. Wie wichtig ist Dir diese Tätigkeit.

Der Buchmarkt verändert sich radikal. Das Selfpublishing mischt die Szene auf, und es wird immer besser. Selfpublisher haben was zu sagen, und auch sie müssen und dürfen ihre Interessen artikulieren, damit die Rahmenbedingungen des Marktes auch sie berücksichtigen. Das geht nur, wenn sie eine Stimme haben. Eine mächtige Stimme. Und diese Stimme ist der Verband. Das war mir sofort klar. Ich bin Mitglied geworden, als der Verband 33 Mitglieder hatte. Inzwischen sind es 700. Bereits jetzt wird er von den Großen des Buchmarktes gehört und ernst genommen. Dieser Verband ist wichtig, und je größer er ist, desto besser kann er sein Gewicht einbringen. Wären wir 4.000 Mitglieder würde unser Vorsitzender beim Lanz sitzen, sage ich immer. Inzwischen führe ich die Geschäftsstelle des Verbandes, und er tut eine Menge für seine Mitglieder und für die Akzeptanz des Selfpublishing.


Um noch einmal auf Deinen Verlag zurück zu kommen, wie muss ich mir eigentlich die Arbeit als Verleger vorstellen. Suchst Du nach Autoren oder wirst Du von ihnen angeschrieben.  Bekommst Du Manuskripte eingereicht?

Ganz am Anfang habe ich eine bestimmte Autorin gesucht, weil ich einen Kurzroman von ihr gelesen hatte, der mich total begeisterte: Tanja Berns „Distant Shore“. Tanja war vom Konzept des Verlages sofort begeistert und schaffte es, die Rechte an „Distant Shore“ vom ursprünglichen Verlag auf den meinen zu übertragen. Inzwischen gibt es zwei Fortsetzungen dieser bewegenden Geschichte in Irlands Süden. Mittlerweile suche ich nicht mehr aktiv, sondern bekomme regelmäßig Manuskripte angeboten, meistens von einer Literaturagentur, deren Inhaberin das Konzept ebenfalls mag. Allerdings lege ich sehr viel Wert auf schriftstellerisches Können und Handwerk. Auch sind bestimmte Genre ein Ausschlusskriterium, wie beispielsweise Erotik, Grusel, Horror, Psychodramen oder Autobiographisches. Der KopfKino-Verlag macht nur klassische Unterhaltungsliteratur. Aber gut muss sie sein ;-)


Wenn Du Dich entschieden hast, ein Buch zu veröffentlichen, wie geht die Arbeit bei Dir dann weiter?

Abgesehen davon, dass es dann zu einem Vertrag mit dem Autor kommt, durchläuft es zunächst ein professionelles Lektorat. Dann lassen wir ein dazu passendes Cover entwickeln. Wir finden einen Titel gemeinsam mit dem Autor. Es erhält eine ISBN, wird gesetzt und dann als eBook, Taschenbuch und als Hörbuch veröffentlicht.


Der KopfKino-Verlag ist ein sehr kleiner Verlag. Wie kommt es, dass er auch Hörbücher herausgibt?

Das ist ganz einfach. Ich dachte mir von Anfang an: Wenn es schon Geschichten in Spielfilmlänge sind, die man sich statt fernzusehen vorlesen kann, sollte es sie auch in einer vorgelesenen Form geben. Das liegt doch nahe.


Ich stelle mir vor, dass viele „Neulinge“ bei Dir Manuskripte einreichen, was empfiehlst Du ihnen im Vorfeld?

Unter https://www.meinkopfkino.de/faq/162-informationen-fuer-interessierte-autorinnen.html steht alles, was wir von einem Manuskript erwarten. Schwierig zu formulieren ist dabei das schriftstellerische Können. Das wird dann im Einzelfall beurteilt. Und es ist wie es ist: die meisten Einreichungen müssen wir ablehnen, weil es genau daran mangelt. Dann empfehle ich erst einmal üben, üben und üben. Dabei helfen Ratgeber. Ich persönlich bin ein Fan der Ratgeber von Stephan Waldscheidt.
Das Ablehnen aus diesem (Qualitäts-)Grunde ist allerdings nicht einfach. Da ich bekannt dafür bin, zu sagen, was Sache ist, bekomme ich oft beleidigende Mails von in ihrer Eitelkeit getroffenen Autoren zurück. Damit muss ich leben. Besser allenfalls als mit schlecht geschriebenen KopfKino-Büchern auf dem Markt.


Wo können die Bücher Deines Verlages erworben werden. Wenn ich in meine Buchhandlung gehe, kann ich dort ein Buch bestellen?

Natürlich sind die eBooks überall erhältlich, wo es eBooks gibt. Die Hörbücher gibt es auf Audible, iTunes und Amazon. Die Taschenbücher gibt es bei Amazon und in der Buchhandlung. Alle KopfKino-Bücher haben eine deutsche ISBN und sind im VLB eingetragen, können also von jeder Buchhandlung bei mir im Kundenauftrag bestellt werden. Diesen Service bieten erfahrungsgemäß jedoch nur inhabergeführte Buchhandlungen an. Die großen Buchhandelsketten bestellen nur beim Großhändler, und dort bin ich nicht gelistet. Aber bei inhabergeführten Buchhandlungen: Kein Problem!


Was wird alles unternommen, damit die Leser auf die Bücher Deines Verlages aufmerksam werden?

Ich gebe dir zum Beispiel gerade ein Interview!! Im Ernst: Die Möglichkeiten eines Kleinstverlages sind klein. Ein wenig Facebook- oder Amazonwerbung, gelegentliche Lesungen, Teilnahme an Veranstaltungen (z.B. demnächst Bücherbummel auf der Düsseldorfer Kö) und Presseartikel. So hat beispielsweise Sabine Heinrich (Frau TV) beim WDR Literaturmarathon 2018 aus meinem Buch „Liebe ist kein Gefühl“ öffentlich gelesen, oder ich wurde von Christine Westermann (Das literarische Quartett, Zimmer frei!) zu meinem Verlagskonzept in eine ihrer Sendungen eingeladen. Das ist natürlich toll, aber grundsätzlich ist es so, dass die Möglichkeiten eines Kleinstverlages begrenzt sind. Aber je mehr Autoren im KopfKino-Verlag veröffentlichen, desto größer wird die Reichweite.


Du machst Lesungen, empfiehlst Du das den Autoren ebenfalls?

Auf jeden Fall! Das beste Mittel, um Menschen zu begeistern!


Ich kann mir vorstellen, dass Du nicht mehr soviel Zeit hast, Bücher Deiner Kollegen zu lesen. Aber wenn es dazu kommt, kannst Du dann den Verleger abstellen?  Ich merke es doch an mir, seit ich als Buchbloggerin tätig bin, lese ich ganz anders und mache mir mehr Gedanken.

Ja, den Verleger kann ich sehr gut ablegen. Was quasi gar nicht geht, ist es, den Lektor abzulegen. Ich lektoriere ja auch Manuskripte von Selfpublishern und anderen Verlagsautoren. Das hat mein Lesen schon massiv verändert.


Hast Du eigentlich als Kind gerne gelesen und wenn ja, an welche Bücher kannst Du Dich gut erinnern?

Das Lesen war eine meiner großen Leidenschaften als Kind (neben Brettspielen). So sehr, dass ich es selber versuchen wollte, indem ich mir mit neun Jahren kein Spielzeug sondern eine Schreibmaschine zu Weihnachten gewünscht und bekommen habe. Darauf entstanden erste Kurzgeschichten. Gelesen habe ich fast die gesamten U-Lit-Klassiker wie Robinson Crusoe, Moby Dick, Tom Sawyer, Die drei Musketiere, Karl May, diese ganze Riege halt.


Das sind natürlich alles Vollromane. Was liest du heute? Nur noch Kurzromane, oder kannst du auch einen Vollroman genießen?

Aber natürlich. Ich lese fast alles. Sachbücher, Voll- und Kurzromane. Es ist doch keine Frage, wie viele Seiten ein Buch hat, sondern wie gut es unterhält oder informiert. Wir bewerten Bücher doch nicht nach Gewicht. Ich habe von einer Blogger-Gemeinschaft einmal gesagt bekommen, Kurzromane seien nur der halbfertige Mist untalentierter Autoren. Bei solch fachkundigen Urteilen würde sich ein Stefan Zweig im Grabe herumdrehen.


Wenn Du in die Vergangenheit reisen könntest, welchen Autor würdest Du dann besuchen und warum?

Oh Mann, da wären so viele zu nennen. Aber wenn ich unter all jenen eine Entscheidung treffen müsste, dann sicher Shakespeare. Egal, wie „gebildet“ sich das vielleicht anhören mag, aber er ist nicht nur der Größte von allen, der ausschlaggebende Grund ist, dass niemand wirklich historisch belegen kann, wer Shakespeare eigentlich war. Und das wüsste ich halt gerne.


Ich bedanke mich vielmals bei Dir und wünsche Dir weiterhin viel Erfolg mit dem Verlag und natürlich auch Deinen Büchern.

Für dich und mit dir immer wieder gerne, Ulla!



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