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Mittwoch, 6. Juli 2016
Indie-Autoren-Challenge Mila Summers
Im März 2015 hatten einige Autoren die Idee sich einer besonderen Herausforderung zu stellen. Ihnen sollten 15 Begriffe genannt werden und sie wollten eine Geschichte daraus machen, die mindestens drei Seiten lang sein sollte. Nach und nach möchte ich die Autoren und deren Geschichten vorstellen:
Mila Summers sagt über sich:
Ich wurde 1984 in Würzburg geboren, wo ich auch heute noch mit meinem Mann und unserer kleinen Tochter lebe. Ich studierte Europäische Ethnologie, Geschichte und Öffentliches Recht und erfüllte mir mit der Veröffentlichung meines ersten märchenhaften Kurzromans "Küss mich wach" einen großen Traum. Wenn ich nicht gerade Windeln wechsele, auf Reisen gehe oder in den Büchern schmökere, die sich auf meinem SuB häufen, gilt meine Leidenschaft dem Schreiben humorvoller und romantischer Geschichten.
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Nominiert wurde Mila Summers von Violet Truelove & Lindsay Lovejoy. Diese 15 begriffe wurden ihr genannt, die in einer Geschichte vorkommen sollten:
1. Kaffeekanne
2. Stehlampe
3. Stempelkissen
4. Namensgeber
5. Leseratte
6. Poesiealbum
7. Leseprobe
8. Hörspiel
9. Lebensweisheit
10. Surfergirl
11. Blechschild
12. Pandabär
13. Tränensäcke
14. Sonnenblende
15. Deodorant
Never change a running sytem!
Norbert Feldmayer schob seinen Lesesessel ein wenig zur Seite. So war es besser. Die Stehlampe neben sich knipste er auch gleich an. Ungeduldig nahm er schließlich Platz. Er konnte es kaum mehr abwarten, die Leseprobe in Augenschein zu nehmen. Der rundliche Mann mit der Nickelbrille war eine echte Leseratte. Kurz vor dem Zubettgehen verschlang er am liebsten die furchteinflößendsten Thriller. Meist standen dann auf dem kleinen Tischchen neben seinem gemütlichen Ohrensessel eine Kaffeekanne und Gebäck bereit.
Während seine Frau Margarete mal wieder auf der Couch eingeschlafen war, tauchte er immer weiter in die Geschichte ein. An einer besonders spannenden Stelle, hörte er plötzlich hinter sich eine Stimme: »Papa, ich kann nicht schlafen.« Und erschrak dabei fast zu Tode. Er versuchte sich nichts anmerken zu lassen, um das Kind nicht zu ängstigen.
Philipp war gerade mal fünf Jahre alt und sollte um diese Zeit eigentlich schon längst schlafen. »Hast du schlecht geträumt?«, fragte Norbert schließlich, während er ihn zu sich auf den Schoß winkte.
»Ja, von Pandabären«, erzählte der Junge ganz aufgeregt. »Die sind aus dem Hörspiel, das ich vorhin angehört habe, herausgekommen und in mein Bett geklettert. Das war so gruselig, Papi.«
»Oh, die wollten bestimmt nur mit dir kuscheln. Wenn du nach oben gehst, sind sie sicher schon wieder weg. Vor denen brauchst du keine Angst haben«, beschwichtigte er ihn, während er spürte, wie der Junge langsam ruhiger wurde. Philipp gähnte genüsslich.
»Kleiner Mann, was machst du denn hier?«, rief Margarete schlaftrunken von der Couch rüber. Während sie sich genüsslich streckte, besah sich Norbert seine Frau genauer. Die Tränensäcke unter ihren Augen hingen ihr weit ins Gesicht, das Haar klebt fettig an der Kopfhaut, die Wölbung unter ihrer Brust war kaum zu übersehen. Was war aus dem einstigen Surfergirl geworden, das jede Welle furchtlos bezwungen hatte?
Verstohlen blickte er auf seine eigene Wampe und musste sich schmerzlich eingestehen, dass der Zahn der Zeit auch ganz ordentlich an ihm genagt hatte. Früher war er durchaus sportlich gewesen. Mit den Kindern und dem eigenen kleinen Häuschen am Stadtrand hat er sich zum Spießer entwickelt. Für Sport war er zu träge geworden. Das viele Gebäck am Abend tat sicher sein übriges.
»Mama, ich muss unbedingt noch etwas in Luises Poesiealbum schreiben. Jetzt sofort. Morgen haben wir es wieder vergessen«, rief Philipp ganz aufgebracht.
»Aber Schätzchen, du kannst doch noch gar nicht schreiben. Mal ihr doch morgen ein Bild in das Album. Hm?«, versuchte Margarete den Kleinen von seinem Vorhaben abzubringen. Ohne Erfolg.
Philipp stürzte sich von meinem Schoß und rannte ins Wohnzimmer. Sogleich kam er mit einem kleinen Büchlein in der Hand zurück und streckt es ungeduldig seiner Mutter entgegen. »Mami, Mami, wir brauchen so eine Lebensweisheit, die wir der Luise ins Buch schreiben können. Marion hat erzählt, dass ihre Mama einen ganz tollen Spruch rausgesucht hat. Das müssen wir toppen.«
»Okay, lass mich kurz überlegen. Was hast du denn mit dem Stempelkissen in deiner Hand vor?«
»Damit können wir der Luise dann noch Fingerabdrücke ins Album machen. Das ist dann ein echtes Unidraht.«
»Was ist denn ein Unidraht?«, fragte Norbert neugierig von seinem Sessel aus. In Gedanken klappte er gerade die Sonnenblende in dem schmucken Cabrio herunter, das sie während ihres Surfurlaubs auf Hawaii angemietet hatten. Ohne Kinder. Ungebunden fuhren die beiden Jungverliebten von Strand zu Strand. Immer auf der Suche nach den besten Wellen. Eine aufregende und unglaublich intensive Zeit. Wo war wohl das Blechschild abgeblieben, das er sich zur Erinnerung mit nach Hause genommen hatte?
»Ein Unidraht ist etwas Einmaliges. Das kommt nicht so oft vor«, berichtete Philipp ganz stolz. »Anscheinend kommt es so selten vor, dass du es gar nicht kennst, Papa.« Der kleine Mann wuchs augenscheinlich um zwei Zentimeter bei der Vorstellung, seinen Vater an Wissen zu überragen.
»Nein, mein Lieber. Das kannte ich wirklich nicht. Das Wort, das du meinst heißt Unikat.« Norbert führte die Kaffeetasse zufrieden an seinen Mund, während der Junge zu schmollen begann. Margarete warf ihrem Mann einen vernichtenden Blick zu. Offensichtlich hatte er einen Fehler begangen. Vielleicht hätte etwas mehr Einfühlungsvermögen zeigen sollen?
»Du musst nicht traurig sein, Philipp. Der Papa ist ja nur eifersüchtig. Du hast ein ganz eigenes Wort erfunden. Du bist sozusagen der Namensgeber für den Unidraht. Das hat der Papa in seinem ganzen Leben nicht geschafft.« Die funkelnden Lichtblitze in ihren Augen zeugten von dem Feuer, das einst in ihr loderte.
Während er in Gedanken an die heißen Liebesnächte von einst dachte, verabschiedete sich sein Sohn brav ins Bett. Ob er es wagen sollte?
Mutig erhob er sich von seinem Sessel, setzte sich auf der Couch ganz dicht zu seiner Frau und begann ihr die empfindliche Stelle unter dem Ohr zu küssen.
»Norbert, hast du wieder mein Deodorant benutzt? Wie oft habe ich dir denn schon gesagt, dass du die Finger von meinen Sachen lassen sollst.«
Da ging sie dahin. Die Hoffnung auf mehr. Das Feuer lag erloschen vor ihm. Der Drops war gelutscht. Nur gut, dass der Thriller noch auf ihn wartete. Der motzte nicht, nahm nicht zwischenzeitlich zwanzig Kilo zu und fügte sich immer anstandslos seiner Führung.
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