Samstag, 1. Oktober 2016

Indie-Autoren-Challenge Jennifer Heine


Im März 2015 hatten einige Autoren die Idee sich einer besonderen Herausforderung zu stellen. Ihnen sollten 15 Begriffe genannt werden und sie wollten eine Geschichte daraus machen, die mindestens drei Seiten lang sein sollte. Nach und nach möchte ich die Autoren und deren Geschichten vorstellen:



Jennifer Heine, geboren 1987 in Leverkusen, lebt – nach einigen Jahren abseits der Heimat – nun wieder in der schönen Stadt am Rhein. Schon als Kind war sie von Büchern besessen, schrieb später kleinere Geschichten und Gedichte für die Schülerzeitung und das Jahrbuch ihrer Schule. Während ihrer Lehre zur Pferdewirtin rückten die Bücher und das Schreiben für ihren Traumberuf in den Hintergrund. Nach mehreren Jahren, die die Rheinländerin im Münsterland und später im Ruhrgebiet verbrachte, absolvierte sie eine Umschulung, gründete eine Familie und brachte ihr erstes Kind zur Welt. Während der Schwangerschaft fand sie die Leidenschaft zum Schreiben wieder. Ihre Freizeit verbringt die Bürokauffrau zum Großteil auf dem Rücken eines Pferdes, in ihrem Schrebergarten oder im Schneidersitz mit Laptop auf der Couch, wo sie ihre Geschichten zum Leben erweckt.
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Ganz neu im Indie-Autor-Challenge-Team ist Jennifer Heine Autorin. Sie wurde von der lieben Denise Wolf nominiert. Viel Spaß mit ihrem Challenge-Debüt.


1. Natur
2. Park
3. Apfel
4. Mülltonne
5. Graffiti
6. Sternschnuppe
7. Schnee
8. Laub
9. Auto
10. Ampel
11. Duftkerze
12. Chips
13. Notizblock
14. Visitenkarte
15. Hund


 »Betty, komm endlich«, grummelnd stehe ich auf der Straße und zerre an der Leine, während mein Hund meint, dass die Mülltonne ein hervorragender Ort ist, um ihr Geschäft zu verrichten. Es ist früh am Morgen, beinahe noch Nacht, kaum ein Auto ist auf den Straßen unterwegs. Eigentlich müssten wir nur die Dorfstraße entlang gehen, bis wir an dem wunderschönen Park vorbeikommen. Doch Betty hatte es zu eilig. Der Park ist die Visitenkarte des Dorfes, in dem ich wohne. Vor einigen Jahren gab es hier nichts außer unberührter Natur. Doch die Stadtflucht hat es notwendig gemacht, dass hier neuer Lebensraum geschaffen werden musste.

Nachdem Betty fertig ist, überqueren wir die einzige Ampel im Dorf. Dann endlich erreichen wir den Wald, durch den wir gehen müssen, um zu meiner Arbeit zu gelangen. Ich löse die Leine von Bettys Halsband und fange an zu joggen. Als wir am Stall ankommen, ist noch alles dunkel. Ich öffne das riesige Tor und befestige es mit den Metallketten an der Stallwand. Dann knipse ich das Licht an. Fünf Minuten später höre ich Schritte in der Stallgasse, und Chip, einer der Arbeitsreiter, kommt grüßend auf mich zu.

 »Na Schnecke. Alles frisch?« Nickend reiche ich ihm zwei Eimer.
»Sicher. Fängst du schon mal an? Die anderen müssten jede Minute kommen.«
Innerhalb der nächsten Minuten trudeln alle Angestellten ein. Chips Freundin Laura, Kevin, Martin und Tanja sind gemeinsam mit Chip und mir für das Reiten und Trainieren der edlen Vollblüter zuständig. Anschließend versammeln wir uns vor der Lot-Tafel. Neugierig schaue ich auf meinen Namen und die Pferde dahinter. Karasu, Allqueen und Santero sind die ersten drei, nach der Pause folgen Sternschnuppe, Schnee auf dem Berg und Graffiti.
Als ich später die Box mit der gesattelten Graffiti verlasse, hebt mich der Trainer auf den Rücken des großen Tieres und ich ziehe den Sattelgurt nach.
 »Nele, eine Runde. Laura, Chip und Kevin eine halbe Runde. Tanja, du begleitest Nele.« Tanja schließt zu mir auf, während vom Hof in Richtung Sandbahn reiten.
 »Wie war dein Abend?«
 Ich schüttle den Kopf. »Wenn du das Date mit dem Dressurreiter meinst, dann war es grauenhaft. Es war... ein weiterer Name auf meinem Notizblock, den ich streichen werde.«
 »Wieso?«
»Erinnerst du dich an die Duftkerze?«
 »Die nach Lilien riechen sollte?«
 »Genau die. Ich habe sie angezündet, weil ich dachte, das würde die Stimmung ein wenig heben. Aber was dann kam … Er war gegen irgendeinen Stoff in der Kerze allergisch. Keine fünf Minuten war er in der Wohnung, da ist er hochrot angelaufen und bekam keine Luft mehr. Er keuchte irgendwas von wegen Spray. Also habe ich ihm Deo, Haarspray und so einen Raumlufterfrischer geholt. Der Idiot hat mich damit abgeschmissen, ehe er fluchtartig das Haus verlassen hat. Heute Morgen hatte ich eine Nachricht auf dem Handy, dass wir scheinbar nicht zusammenpassen würden.«
»Nicht dein Ernst?«, lacht sie.
 »Mein voller Ernst. So was habe ich noch nie erlebt.«
 Wir passieren den Übergang und nicken dem Trainer zu.
 »Noch eine Runde, Mädels«, ruft er uns hinterher, während er die anderen zurückhält und sie zur Galoppbahn bringt.
Auf dem Weg zur Galoppbahn gurte ich erneut nach, verkürze die Steigbügel und stelle mich im Sattel auf. Von Weitem können wir bereits die kraftvolle Galoppade der drei anderen Pferde hören. Wenn das Adrenalin durch meine Adern pumpt und der Wind mir ins Gesicht peitscht, wenn das Rennpferd unter mir alles gibt, dann weiß ich, dass ich niemals woanders arbeiten kann. Graffiti tänzelt leicht hin und her, als die anderen näher kommen. Das trockene Laub unter ihren Hufen knistert und ich spüre, wie hart ihr Rücken wird. Mit einem wahnsinnigen Tempo preschen sie dann an uns vorbei. Graffiti ist ganz wild auf den Galopp. Sie tänzelt seitwärts auf die Bahn und ich muss sie zurückhalten. Erst, nachdem der Trainer das Tor geschlossen hat und sich in die Mitte der Bahn begeben hat, trabe ich an. Tanja trabt mit Bolero in der Bahnmitte, ich bleibe innen, wo der Boden härter ist.
»Bereit?«, rufe ich ihr über die Schulter hinweg zu und fasse die Zügel kürzer.
»Los!« Sofort springt Graffiti sanft ab und verfällt in einen gleichmäßigen Galopp. In der ersten Kurve halte sie noch ein wenig zurück, doch am Ende der Gegengeraden treibe ich sie an. Als ich die Zügel verkürze, spüre ich, wie der Gegenwind stärker wird. Spüre, wie sie ihre Kraft einsetzt, um noch ein Bisschen schneller zu werden. Ich höre das Schnauben, wenn sie Luft holt, und bemerke den Kampfgeist, der in ihr erwacht, als Bolero fast auf Kopfhöhe an sie herankommt.
 »Komm, mein Mädchen. Nachher gibt es auch einen dicken Apfel für dich!«, feuere ich sie an. Als wir am Ziel vorbeipreschen weiß ich, dass sie alles gegeben hat.

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