Kerstin Lange
Liebe Kerstin,
ich möchte mich zunächst einmal recht herzlich dafür
bedanken, dass Du meine Fragen beantworten möchtest. Als erstes schreibe ich ja
immer, wann und wo ich meine Interviewpartnerin getroffen habe. Im Oktober 2018
war ich bei einer Lesung, wo Du mit drei Deiner Kollegen aus dem Buch
„Pflegestufe Mord“ gelesen. Im vergangenen Jahr habe ich Dich wieder auf einer
Lesung getroffen, diesmal hast Du Valeska Réon und Koto Kodama unterstützt, die
eine dritte Person für die Lesung aus ihrem Buch brauchten. Und dies sollte
nicht das letzte Treffen sein, denn schließlich wohnen wir nicht weit
voneinander entfernt.
Aber nun will ich endlich mit meinen Fragen loslegen.
In Deiner Vita habe ich gelesen, dass Du lange in Deinen Beruf
als Bilanzbuchhalterin gearbeitet hast. Bis Du eines Tages diesem Beruf den
Rücken gekehrt hast. Hast Du dann direkt als Autorin gearbeitet?
Es lief eine Zeitlang parallel. Ich wollte mich
beruflich verändern und etwas ganz anderes machen. Da ich schon immer gerne
geschrieben haben, war es klar, dass ich Geschichten schreiben wollte. Das
Handwerk habe ich in zahlreichen Kursen zum Thema Kreatives Schreiben gelernt
und zunächst Kurkrimis geschrieben und veröffentlicht. 2011 erschien dann mein
erster Roman: Schattenspiel in Moll.
Wie bist Du auf die Idee gekommen, Bücher und
Kurzgeschichten zu schreiben?
Schon immer hatte ich viel Fantasie und mir beim
Betrachten von Menschen gedacht: Was ist ihre Geschichte? Von da war es nur
noch ein kleiner Schritt zu Kurzgeschichten und (Kriminal)Romanen.
Wenn ich mir die bereits erschienenen Bücher ansehe, stelle
ich fest, dass es sich immer um Krimis handelt, habe ich recht? Wieso schreibst
Du in diesem Genre?
Weil ich am liebsten Krimis lese. Und im Krimi habe ich
als Autorin die größte Freiheit. Ich kann eine Liebesgeschichte einbauen, wenn
ich mag. Anders herum funktioniert es nur halb so gut. Eine Leiche in einer
Liebesgeschichte gefällt nicht jedem. J
Hast Du Dir schon mal überlegt, Bücher in einem anderen
Genre zu schreiben?
Darüber habe ich tatsächlich schon nachgedacht. Eine Liebesgeschichte wollte ich mal schreiben – es ist ein Krimi geworden. Historische Romane lese ich auch mal gerne, allerdings scheue ich da tatsächlich die aufwendigen Recherchen. Als Autor muss man ja tatsächlich alle Tätigkeiten der Figuren hinterfragen. Nicht nur, ob ihr Handeln ihrem Charakter entsprechen, sondern auch, ob es zu der damaligen Zeit auch möglich war …
Vielleicht klappt es irgendwann mal J Man muss ja noch Ziele haben!
Ich habe in Deiner Vita außerdem gelesen, dass Du eine Ausbildung zur Mediensprecherin gemacht hast. Wie sieht nun Dein Arbeitsalltag aus, kannst Du beides gut miteinander verbinden?
Gerade habe ich ein Manuskript beendet und zum Verlag
geschickt. In der Schlussphase eines Buches kann ich beides nicht verbinden.
Jetzt habe ich den Kopf frei und lese ein Hörbuch ein. Parallel plotte ich
locker einen neuen Krimi. Ich bin ein Morgenschreiber. Dann sitze ich gerne am
Schreibtisch und habe auch die besten Ideen. Am Mikrofon ist es mir egal,
welche Uhrzeit es ist. Sprechen geht auch nachmittags. Der Abend gehört
allerdings meinem Mann und unserem Hund.
Du wohnst nun mit Deinem Mann und Hund in einer wunderschönen Umgebung, fühlst Du Dich dort nicht abgelenkt, ich meine, lockt die schöne Natur Dich nicht immer wieder vom Schreitisch weg?
Überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil. Wenn ich aus dem
Fenster schaue, motiviert mich der Blick zum Weiterschreiben. Und wenn ich eine
Auszeit brauche, weil der Kopf raucht, dann habe ich es nicht weit.
Wie lange schreibst Du an einem Buch?
Das ist ganz unterschiedlich. Wenn ich viel
recherchieren muss, natürlich länger. In der Regel ein halbes Jahr reine
Schreibarbeit.
Wer darf es zuerst lesen?
Mein Mann darf lesen und kritisieren.
Wie findest Du die Ideen zu Deinen Büchern?
Überall. Beim Einkaufen, im Restaurant, im Urlaub (wenn
wir wieder reisen dürfen). Überall wo Menschen sind, gibt es für mich
Inspiration.
Kann es vorkommen, dass beim Schreiben eines Buches sich Ideen vordrängeln, die nicht darein gehören, sondern ein eigenes Buch werden könnten?
Ja, manchmal. Aber meist lasse ich das nicht zu, weil
ich mich dann total verzettele. Ich notiere mir die Ideen und packe sie weg.
Aber nicht zu weit, damit ich sie später auch wiederfinde.
Wie sammelst Du die Ideen?
Ich kenne Autoren, die haben Ideenkisten. Ich notiere
mir die Ideen in meinem Handy. Entweder als Sprachnachricht oder als
geschriebene Notiz. Ohne mein Handy wäre ich aufgeschmissen.
Wenn ich das richtig gelesen habe, dann hast Du Enkel, bist
oder warst Du für sie eine vorlesende Oma?
Meine Enkel, 4 und 9 Jahre alt, lieben es, wenn ich
ihnen vorlese. Aktuell lese ich „Die unendliche Geschichte“.
Hast Du überhaupt Zeit und Lust Bücher Deiner Kollegen zu
lesen?
Lust immer, an der Zeit hapert es tatsächlich. Aber ich
finde es spannend, was meine Kollegen schreiben. Nur in der heißen Phase, wenn
ich mit meinem eigenen Manuskript fertig werden muss, lenken mich andere Bücher
ab. Dann lese ich nur meine eigenen Sachen. Sonst beginne ich zu vergleichen
und es kann passieren — je nach Tagesform — das ich mein Geschriebenes im
Vergleich furchtbar finde. Dann würde ich nie etwas fertigstellen.
Du bist Mitglied in der Autorenvereinigung „Syndikat“ und
dem Bundesverband junger Autoren (BVjA) was bringt Dir die Mitgliedschaft?
Es ist schön sich mit gleichgesinnten auszutauschen. Im
Syndikat gibt es einmal im Jahr ein großes Treffen, die Criminale. Dort werden
Seminare und Fortbildungen angeboten. Auf den großen Buchmessen sind ebenfalls
beide Vereinigungen vertreten. Es gibt Stammtische, und man hat das Gefühl,
nicht ganz so allein zu sein.
Hast Du Kontakt zu Bloggern und Lesern und wie wichtig ist
Dir dieser Kontakt?
Ehrlich gesagt, mit Bloggern weniger. Was daran liegt,
dass ich mich sehr schwer tue, mich selbst anzupreisen und mich und meine
Arbeit zu verkaufen. Da muss ich besser werden. Da ich in den letzten zwei
Jahren nichts Neues geschrieben habe, hatte ich auch keinen Grund. Kontakt zu
Bloggern aufzunehmen. Es macht ja nur Sinn, wenn man auch etwas Neues am Start
hat. Jedes Mal nehme ich mir vor: Beim nächsten Buch wird alles anders J
Mit Lesern fällt es mir leichter. Ich liebe es, E-Mails mit
Feedback zu meinen Büchern zu bekommen. Ich versende regelmäßig einen
Newsletter, den ich allerdings vor der DSVGO besser im Griff hatte.
Nebenbei erwähnt, wenn dieser verflixte Virus uns nicht so
ausbremsen würde, hätte es bei mir zu Hause eine Wohnzimmerlesung gegeben. Wie
oft und wo planst Du Lesungen ein?
Auf die Lesung hatte ich mich sehr gefreut!
Wohnzimmerlesungen sind intimer und persönlicher als Lesungen im öffentlichen
Raum. Nun ja, sie wird ja nachgeholt. Da ich sehr gerne Lesungen veranstalte,
aber nicht so gerne akquiriere, habe ich nicht so viele Veranstaltungen, wie
ich gerne hätte. J
Wenn Du eine Zeitreise machen könntest, welchen Autor der
Vergangenheit würdest Du gerne besuchen und warum?
Agatha Christie fasziniert mich seit Kindertagen. Mit
ihr würde ich einfach mal gerne plaudern. Sie hat ja nicht nur einige geniale
Kriminalgeschichten geschrieben, sondern selbst auch ein interessantes Leben
geführt. Mit dem Erfinder von Sherlock Holmes, Sir Arthur Conan Doyle, würde
ich mich auch gerne mal unterhalten.
Gibt es ein Buch, das Du schon immer mal lesen wolltest, es
aber bisher noch nicht geschafft hast?
Einige. Vor allem die Klassiker wie Shakespeare. Ich
weiß nicht wie oft ich es mir vorgenommen und dann doch nicht umgesetzt habe.
Irgendwann …
Hast Du eigentlich als Kind gerne gelesen und wenn ja, an
welche Bücher kannst Du Dich besonders gut erinnern?
Als Kind habe ich sehr viel gelesen. Natürlich alle Enid
Blyton Bücher, es gab eine Reihe „Domino-Bücher“ das war ähnlich der Bertelmann
Clubmitgliedschaft für Erwachsen: Man bekam einmal im Quartal, wenn ich mich
richtig erinnere, ein Buch. Eins dieser Bücher, das mich nachhaltig beeindruckt
hat, war „Die Geister, die ich rief.“ Der Titel klingt nach Fantasy, ist aber
eine Geschichte über einen Jungen, er einsam ist und Besuch von einem Geist
bekommt. Je stärker das Selbstbewusstsein des Jungen wird, umso blasser wird
die Gestalt des Geistes.
Es ist bei mir mittlerweile Tradition, dass ich meine
Interviewpartner am Ende frage, was ihnen zu bestimmten Namen oder Begriffen
einfällt, so nun auch bei Dir:
Astrid Lindgren
Michel aus Lönneberga (mein älterer Enkel erinnert mich
so an ihn) und natürlich Pipi Langstrumpf
Die Leiden des jungen Werthers
Schlechtes Gewissen, weil ich es nie gelesen habe
Jane Austen
Überhaupt nicht mein Geschmack
Liebe Kerstin, ich bedanke mich, dass Du Dir die Zeit
genommen und meine Fragen beantwortet hast.
Liebe Ulla, ich bedanke mich ebenfalls für die schönen
Fragen. Ich hoffe, wir sehen uns demnächst mal wieder persönlich.
Stellvertretend für alle Bücher möchte ich hier auf zwei hinweisen:
Grasträume:
Der erste Fall für Christof Maria Breuckmann
erschienen: 9. August 2019
Seiten: 228
Verlag: BoD - Books on Demand
Riesling und ein Mord
erschienen: 17. September 2015
Seiten: 240
Verlag: Emons Verlag
Wer nun noch mehr über die Autorin erfahren möchte, kann dies auf folgenden Seiten
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