Montag, 18. Juni 2018

Autoreninterview Eva-Maria Farohi





Liebe Eva-Maria,
ich freue mich, dass Du Dir Zeit nimmst und meine Fragen beantworten möchtest. Bevor ich mir Fragen zusammensuche, schaue ich erst immer nach, wann und wie ich Kontakt zu den Autoren aufgenommen habe. Wir beide haben uns anscheinend durch Deine Kollegin Brigitte Teufl-Heimhilcher kennen gelernt, deren Bücher ich auch sehr gerne lese. Das heißt, persönlich haben wir uns noch nicht gesehen,  unser Austausch fand immer nur schriftlich statt.
Im September 2015 habe ich das erste Buch von Dir gelesen und danach folgten noch viele, denn  ich war immer wieder begeistert.


Aber nun möchte ich endlich mit meinen Fragen loslegen.  Ich habe gelesen, dass Du sehr viele Talente besitzt. Unter anderem hast Du als Schauspielerin gearbeitet und da stellt sich mir gleich die neugierige Frage, Wien – warst Du am Burgtheater?

Ich nicht – mein Mann hat dort seine Karriere begonnen. Wir beide haben uns ja in der Schauspielschule kennengelernt. Meine Laufbahn begann in Graz, bei der Grazer Komödie, … dann ging es weiter: Stadttheater Klagenfurt, Landestheater Innsbruck …



Du malst, mir gefallen Deine Bilder, ganz besonders die Aquarelle. Malst Du aus Spaß und Freude oder stellst Du die Bilder auch in einer Galerie aus, wo sie gekauft werden können?

Ich hatte sogar einige Jahre eine kleine Galerie in Wien, in der Josefstadt, wo ich geboren und aufgewachsen bin – dort waren auch meine eigenen Bilder vertreten. Mit der Übersiedlung nach Wilhelmsburg, einer Kleinstadt unweit von St. Pölten, habe ich die Galerie weitergegeben. Schweren Herzens, aber man kann nun einmal nicht alles gleichzeitig machen …



Wie bist Du denn auf die Idee gekommen, Autorin zu werden?

Eher zufällig. Geschrieben habe ich ja immer schon, vor allem Kurzgeschichten. Und als Schauspielerin war die Beschäftigung mit der Sprache – und überhaupt mit Literatur – an der Tagesordnung. So etwas „verlernt“ man nicht … schon gar nicht, wenn zwei Schauspieler zusammenleben, selbst dann, wenn sie nicht mehr „aktiv“ sind.
Irgendwann hat mich mein Mann motiviert, einige Kurzgeschichten einzuschicken. So hat es dann begonnen. Laurenz Bolliger, der für die Kindle Singles verantwortlich ist – ein Programm, in dem anspruchsvollere Kurzgeschichten veröffentlicht werden – hat mich sozusagen „entdeckt“ und auch gefördert. Von ihm habe ich sehr viel gelernt, er ist nicht zuletzt ein hervorragender Lektor. Ich habe ihm viel zu verdanken. Mein Erstling, „Septembersonne“, war dann über zwei Jahre unter den Top‑10 der Singles und ich fand mich in der Gesellschaft von Stephen King und Karen Slaughter wieder – was meinst Du, wie stolz ich da war! Inzwischen machen wir die siebente Single zusammen …


Deine Bücher spielen in der Hauptsache auf Mallorca, verständlich, weil Du dort einige Jahre gelebt hast. Hast Du vielleicht auch Bücher geplant, deren Handlung sich in Österreich abspielen?

Gleich mein nächster Roman. Er spielt zwar nicht ausschließlich in Österreich, aber doch teilweise und beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Geschehnisse der NS-Zeit auf uns „Spätgeborene“ – um die Verantwortung des einzelnen, den Umgang mit jener Zeit, den letztendlich jeder mit sich selbst ausmachen muss. Wir haben ja heuer ein Gedenkjahr, da Österreich 1938 an das Deutsche Reich „angeschlossen“ worden ist.
Da gibt es diesen Sänger, – Joseph Schmidt. Er war in den 1930er Jahren der berühmteste lyrische Tenor Deutschlands – vielleicht sagt Dir der Name noch etwas?
Während meiner Schauspielzeit haben wir Schmidt geliebt, ja verehrt. Nicht nur ich, sondern auch die Kollegen. Martin G. Zauner zum Beispiel, der heute im „Theater in der Josefstadt“ engagiert und sehr erfolgreich ist, war ein regelrechter Schmidt-Narr. Nächtelang haben wir uns Joseph Schmidt angehört. In voller Lautstärke natürlich, aber im Haus wohnten zum Glück nur Mitglieder des Theaters. Damals gab es ja noch die Schallplatte … Und heute wie damals fasziniert mich diese einzigartige Stimme, wann immer ich sie höre. Sie hat etwas unglaublich Melancholisches, als hätte der Sänger geahnt, was auf ihn zukommt.
Der Jude Joseph Schmidt ist dann auf der Flucht vor den Nazis umgekommen, sein Herz war den Strapazen nicht gewachsen. Er wurde 38 Jahre alt.
Schmidts Schicksal hat mich stark beschäftigt. Und auch wenn die Figuren meines Romans natürlich fiktiv sind – es ist ja gleichzeitig ein Liebesroman, der in der Jetztzeit spielt – ist die Geschichte für mich zur Auseinandersetzung mit jener Zeit geworden, die sowohl mein Vater – der im Zweiten Weltkrieg eingerückt war – als auch meine Mutter erlebt haben. So lange vorbei wie manche glauben, ist das alles also gar nicht …



Du lebst in Österreich, in einer Gegend, die relativ flach ist. Wie sieht das aus, fährst Du gerne in die „Berge“ zum Wandern oder Schifahren?

Wir haben drei Jahre lang in Innsbruck gelebt, dort gibt es die Nordkette. Der Aussichtspunkt des Hafelekars ist 2300 m hoch. Bei Föhnwind sind diese Berge dann faktisch auf meinem Balkon gestanden, so nahe waren sie … Natürlich liebe ich Berge, sie sind auch wunderschön. Aber wenn ich wählen darf, dann entscheide ich mich doch lieber für das Meer …



Magst Du die österreichische Küche?

Und ob. Meine Großmutter stammt aus Böhmen … Von ihr habe ich Buchtelbacken gelernt – und Germknödelkochen.
Auch kann ich mich ziemlich genau an die Urlaube mit meinen Eltern an der italienischen Adria erinnern. Wir alle mochten die italienische Küche, aber auf der Heimfahrt, unmittelbar nach der österreichischen Grenze, haben wir Halt gemacht und Leberknödelsuppe, Wiener Schnitzel und Malakofftorte gegessen. Das war dann irgendwie Heimat.



Ich finde die Gegensätze wirklich interessant Mallorca – Österreich, wie kam es, dass Du einige Jahre auf der Insel gelebt hast?

Das Herumziehen haben mein Mann und ich im Blut. Zuerst war es berufsbedingt – Schauspieler sind nun einmal viel unterwegs. So habe ich auch nach unserer fünfzehnten Übersiedlung mit dem Zählen aufgehört.
1998 dann verliebte ich mich anlässlich eines Urlaubs in Mallorca – eine Zeitlang hatten wir dort sogar einen Zweitwohnsitz, was auf Dauer sehr unpraktisch war, nicht nur wegen der Kosten. Also standen wir vor der Entscheidung, ihn entweder aufzugeben, oder ganz hinzuziehen …



Mir gefällt natürlich sehr, dass Du auch Krimis schreibst, denn die mag ich persönlich am liebsten, gefolgt von historischen Büchern. Darf ich da auf weitere Krimifolgen hoffen?

Absolut. Auch hier verdanke ich Laurenz Bolliger sehr viel. Autoren werden ja oft festgelegt. Einmal Liebesroman, immer Liebesroman. Laurenz aber hat mich ermutigt, die Geschichten um den auf Mallorca ermittelnden Chefinspektor Vicent Rius weiter auszubauen. In Kürze erscheint der dritte Fall …



Hast Du als Kind gerne gelesen und wenn ja, erinnerst Du Dich an einige Bücher?

Ich war die personifizierte Leseratte. Die Bücher haben mich in eine andere Welt entführt, da konnte ich dem Alltag entfliehen, mit den Helden mitleben, mich in sie hineinversetzen. Habe ich schon erwähnt, dass ich eine ausgeprägte Fantasie habe?
Meine Lieblingsbücher von damals stehen immer noch in meinem Bücherregal. Sie haben alle Umzüge miterlebt – nicht immer zur Freude derjenigen, die sie schleppen mussten.
Da ich zweisprachig aufgewachsen bin und die tschechische Volksschule in Wien besucht habe – wofür ich meinen Eltern, die mich täglich quer über die Stadt hingebracht und wieder abgeholt haben, noch heute dankbar bin – sind diese allerersten selbstgelesenen Bücher auch in tschechischer Sprache. Sehr bald folgten dann die deutschen nach: Kästners Doppeltes Lottchen, Struwwelpeter und natürlich Heidi, um nur einige wenige aus meinem Besitz zu nennen. Denn meine Mutter hat mich dann sehr schnell in die Städtische Bücherei einschreiben lassen …



Wenn Du in die Vergangenheit reisen könntest, welchen Autor würdest Du gerne mal besuchen?

Ganz klar: Shakespeare
Keiner hat Gefühle so auszudrücken vermocht wie er. Nicht umsonst hat ihn Verdi mehr als einmal vertont, und auch die anderen Stücke haben in der Musik Einzug gefunden, als Oper, als Ballett …



Hast Du Zeit Bücher Deiner Kolleginnen oder Kollegen zu lesen?

Natürlich. Immer wieder. Obwohl ich zugebe, dass ich mir im Moment die Zeit gut einteilen muss.



Gibt es ein Buch, das Du schon immer mal lesen wollest, bisher es aber noch nicht geschafft hast?

„Der Mann ohne Eigenschaften“, von Robert Musil.



Als Schauspielerin bist Du ja nicht mehr tätig, malst Du denn noch und wenn ja,  wie sieht die Zeiteinteilung  Malen – Schreiben aus?

Malen – das fand immer irgendwie anfallartig statt in meinem Leben. Da gab es Jahre, wo ohne Malen nichts ging, und dann entsteht wieder eine längere Pause, als müssten sich in mir neue Wege formen. Doch gerade in letzter Zeit habe ich öfter das Bedürfnis zu den Farben zu greifen. Ich glaube, eine neue Malperiode steht bevor … und der Tag hat ja zum Glück mehrere Stunden.



Wie lange schreibst Du an einem Buch?

Das ist völlig unterschiedlich. Anfangs war das Ausformulieren der Gedanken das Schwierigste, Zeitraubendste. Inzwischen hilft die Routine. Die Kurzromane eingerechnet, schreibe ich ja an meinem vierzehnten Manuskript. Allerdings versuche ich jetzt die Eigenschaften der Figuren immer differenzierter herauszuarbeiten. Da kommt vermutlich die Schauspielerin durch …



Wer darf Dein Buch als erstes lesen?

Mein Mann.



Wo findest Du Deine Ideen?

Die sind in mir drinnen und warten darauf, formuliert zu werden.



Kommt es vor, dass Dir während des Schreibens schon Ideen für ein weiteres Buch kommen?

Nein. Das ist ein wenig wie auf der Bühne. Du kannst natürlich „einen Hänger“, haben, wie Schauspieler ein Blackout auf der Bühne nennen. Niemals aber geraten die Texte verschiedener Stücke durcheinander. Das ist völlig unmöglich.



Wo sammelst Du sie?

In der Beobachtung von Menschen – wie es jeder Schauspieler ständig tut. Er kann gar nicht anders.
Als ich meiner Mutter vor kurzem einige Fotos unseres letzten Aufenthaltes auf Mallorca zeigte, deutete sie plötzlich auf einen jungen Mann und sagte: „Das ist er, nicht wahr? Der ‚Joel‘ aus deinem letzten Buch. Genauso hast du ihn beschrieben.“ Sie meinte „Brunch mit Linda“. Und sie hatte recht. Jener junge Mann hatte mich tatsächlich zu der Geschichte inspiriert …



Wenn ich das richtig lese, bist Du immer mal wieder längere Zeit auf Mallorca. Machst Du dort Urlaub oder wird auch dort geschrieben?

Es wird natürlich auch geschrieben … Allerdings sind wir derzeit nicht so oft auf Mallorca, wie wir es gerne wären. Unsere Hündin Caya – die wir aus Mallorca mitgebracht haben – ist inzwischen 12 1/2 Jahre alt, da ist Fliegen kein Thema mehr. Also können wir nur fort, wenn eine Freundin meiner Mutter, bei der sich Caya rundum wohl fühlt, auf sie aufpasst.



Du hast ja eine Trilogie geschrieben, stand von vorn herein fest, dass es drei Bücher werden? Kann es nicht auch passieren, dass es eine ganz andere oder neue Entwicklung gibt und es auf einmal vier Bücher werden könnten?

Die Geschichte von Lisa, Marika und Emely war von Anfang an als Trilogie geplant, weil ich jeder der drei Freundinnen einen eigenen Raum geben wollte. Nun ist die Finca‑Trilogie ziemlich erfolgreich. Immer wieder erhalte ich Post von Lesern, die nachfragen, ob es nicht doch noch eine Fortsetzung geben könnte. Wer weiß …



Wir beide tauschen uns meist per Mail oder Messenger aus. Wie sieht es ansonsten mit Kontakten zu Lesern aus? Wie wichtig ist Dir der Kontakt.

Sehr, sehr wichtig. Nicht zuletzt deshalb bin ich in den Social Medias präsent, und auch über meine Website kann man mich erreichen. Ich freue mich über jede Post.



Ich stelle ja immer viele Fragen, trotzdem kommt es immer wieder vor, dass ich etwas vergesse und deshalb hast Du hier Gelegenheit uns Lesern etwas mitzuteilen, was Du uns schon immer mal sagen/Schreiben wolltest.

Danke, dass es Euch gibt!



Und nun bin ich fast wieder am Ende meines Interviews, gerne frage ich aber immer wieder, was einem zu folgenden Namen oder Begriffen einfällt:


Maria Theresia
„Die Kaiserin“ – wie sie gerne genannt wird. Eine beeindruckende Frau, auch wenn sie strenggenommen „nur“ die Frau eines Kaisers und Erzherzogin von Österreich, Königin von Ungarn, etc. etc. war. Außerdem war sie im Sternzeichen Stier, wie ich auch. Vielleicht mag ich sie ja deswegen …

Astrid Lindgren
Pipi Langstrumpf … was für eine Geschichte! Du hast mich gerade inspiriert, liebe Ulla. Die Pipi kommt ganz zuoberst auf meine Leseliste. Vielleicht finde ich ja Zeit am nächsten Wochenende, wenn es endlich Frühling wird …

Romeo und Julia
Was soll ich sagen – Shakespeare eben. Die größte Liebesgeschichte aller Zeiten. Oder besser gesagt: Die unvergänglichste. Denn sie trifft den Punkt. Liebe lässt sich nicht planen, nicht lenken, nicht unterdrücken – sie ist durch sich selbst bestimmt und will nur eines, sich verströmen und niemals enden.


Liebe Eva-Maria, ich möchte mich vielmals bedanken, dass Du mir meine  Fragen beantwortet hast.

Ich habe zu danken, liebe Ulla, für diese wirklich tollen Fragen. Es hat mir echt Freude bereitet, mich mit ihnen zu beschäftigen!




Stellvertretend für all die tollen Bücher von Eva-Maria Farohi zeige ich hier das Cover von "Fincaträume"

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