Mittwoch, 2. Mai 2018

Autoreninterview Alexandra Zöbeli



Liebe Alexandra,

ich freue mich, dass Du mir Fragen beantworten möchtest. Du gehörst von allen Autoren, die ich interviewen möchte, zu den wenigen, die ich leider noch nicht persönlich kennen gelernt habe. Aber ich hoffe, dass wir uns auf irgendeiner Buchmesse mal begegnen werden.
Natürlich versuche ich im Vorfeld so viel wie möglich über die Autoren zu erfahren, damit ich auch gezielt Fragen stellen kann. Dabei habe ich festgestellt, dass wir Kontakt zueinander aufgenommen haben, nachdem ich im November 2014 eins Deiner Bücher gelesen und rezensiert habe. Inzwischen habe ich von den bereits erschienen vier gelesen und ich gestehe, dass ein Buch schon ungeduldig wird, denn es schlummert schon länger auf meinem Reader.


Hallo liebe Ulla
Ich freu mich sehr, Deine Fragen zu beantworten. Dann leg mal los!


Ja, gerne, denn nun habe ich mich lange genug mit der Vorrede aufgehalten und will dann mal durchstarten.
Liebe Alexandra, Dein erstes Buch „Ein Bett in Cornwell“ ist 2014 erschienen, also vor gar nicht allzu langer Zeit. Wie bist Du auf die Idee gekommen, Bücher zu schreiben?

Geschichten geisterten schon immer in meinem Kopf herum … Ich bin und bleibe wohl eine Träumerin. Mit Schreiben begann ich erst so mit fünfundzwanzig. Meine erste tatsächlich zu Ende geschriebene Geschichte habe ich aber niemandem zum Lesen gegeben *lach*, das wäre eine Zumutung gewesen. Meine Leidenschaft für England erwachte, als ich nach meiner Berufslehre für drei Monate in London eine Sprachschule besuchte. Ich mochte den englischen Humor und all die netten Leute, die ich kennengelernt habe. Aber eine richtige Britoholikerin wurde ich erst mit der Übernahme des eigenen Gartens und mit den ersten Reisen auf der Insel. London ist ja ganz nett, aber das Land außerhalb der Stadt: WOW!
Auf die Idee Bücher zu schreiben kam ich ganz einfach, weil ich meine zusammengeträumten Geschichten nicht vergessen wollte. Ja, „Ein Bett in Cornwall“ habe ich in erster Linie für mich selbst geschrieben. Und weil ich eben wirklich mal mein eigenes Buch in den Händen haben wollte, bat ich eine befreundete Bloggerin es für mich zu korrigieren (meine Rechtschreibung ist leider ziemlich kreativ). Anschliessend wollte ich es bei einer Druckerei für mich drucken lassen. Wo es dann schon mal korrigiert war und die nette Bloggerin mir auch noch Dampf unterm Hintern gemacht hat, habe ich es ein paar Agenturen und Verlagen geschickt. Der Rest ist Geschichte und unheimlich viel Glück.



Hast Du vorher schon mal mit dem Gedanken gespielt?

Als ahnungslose aber willige Gärtnerin begann ich bei einem Gartenforum mitzuschreiben. Die netten Damen aus dem Forum liessen öfters mal den Spruch fallen: Mensch, schreib doch mal ein Buch. Mädels, das hätte ich dann nun getan J.
Später begann ich einen eigenen Gartenblog zu schreiben und durfte dann auch für das Gartenmagazin „Schweizer Garten“ die monatliche Kolumne übernehmen. Das hat richtig Spass gemacht! Vermutlich wurde ich so sanft zum Schreiben verführt.



Hast Du als Kind gerne gelesen und wenn ja, welche Bücher?

Oh ja! Ich gehörte zu den Kindern, die Bücher nur so gefressen haben. Besonders beeindruckt hat mich Michael Endes „Die unendliche Geschichte“. Nicht etwa weil ich das Genre Fantasy gemocht hätte, sondern weil der lesende Junge, Bastian, Teil der Geschichte wurde. Das war doch auch mein Traum! Gut, ich hätte mich jetzt aber lieber in eine Geschichte von Berte Bratt oder Enid Blyton hineinziehen lassen wollen … Ich frage mich bis heute, warum der Mensch zum Mond fliegen kann, aber es nicht hinkriegt, einem in eine Geschichte hineinzubeamen. Strengt Euch mal ein bisschen an, Ihr Wissenschaftler da draussen.



Hast Du Autorenvorbilder?

Katie Fforde, Robin Pilcher (ja der Sohn, nicht die Mutter), Barbara Delinsky und Nora Roberts. Ich mag es, wie sie es schaffen, Kopfkino zu zaubern und einem für Stunden in eine andere Welt zu entführen. Ein Happy End ist für mich ein Muss. Es gibt genug Trauriges im realen Leben. Pssst … ich lese meistens auf den letzten Seiten nach, ob eine Geschichte gut ausgeht. Bei Nora Roberts mag ich es, wie sie Abenteuer, Liebe und Thriller vermischt.



Ich habe gelesen, dass Du mit Begeisterung auf die britische Insel fährst und Deine Geschichten spielen sich dort auch überall ab. Hast Du Dir schon mal Gedanken gemacht, Handlungen in der Schweiz anzusiedeln?

Hmm, also die Schweiz ist ein ganz wunderbares Land, und ich bin glücklich und dankbar, hier geboren zu sein. Aber … und nun kommt’s J … die Schweiz ist für mich eben Alltag. Und zum Träumen und Schreiben muss ich dem Alltag entfliehen. Ich brauche weite hügelige Landschaften, das Meer und Himmel ohne Ende. Ich brauche auch diese überaus freundlichen Menschen, die einem auch dann zu Tee und Kuchen einladen, wenn man völlig verregnet und in Fahrradklamotten vor der Kirche steht, um da das Unwetter auszusitzen und ich brauche einfach diesen goldig-kauzigen Humor. Ich weiss, auch in England laufen Stinkstiefel herum, aber zu meinem Glück, bin ich diesen noch nicht begegnet. In drei meiner bisher veröffentlichten Romanen spielt die Schweiz zudem schon auch eine Rolle … gut, eine Nebenrolle, aber immerhin *schmunzel*.



Deine Geschichten spielen sich alle in der Gegenwart ab, aber gerade besondere Gegenden in England und Schottland haben in meiner Vorstellung etwas mystisches, kommt Dir da nicht die Idee in einem anderen Genre ein Buch zu schreiben?

In „Die Rosen von Abbotswood Castle“ habe ich das Mystische in Form eines Gespenstes einfliessen lassen. Ja, man kommt in Schottland tatsächlich an keinem Schloss ohne Gespenstergeschichte vorbei. Eigentlich grusle ich mich vor Gespenstern und dergleichen (ich bin wirklich ein Schisserchen, was das anbelangt und kann noch nicht mal die Komödie „Der Tanz der Vampire“ anschauen). Aber gerade im Schloss Glamis Castle wurden die Geschichten so warmherzig und lustig erzählt, dass man beinahe gerne eines getroffen hätte. Tatsächlich ist mir in diesem Schloss auch die Idee zur Rose gekommen, die sich ständig aus dem Fenster stürzt. Ich mag es, die Genres ein wenig zu mischen.



Wenn Du in die Vergangenheit reisen könntest, welchen Autor würdest Du gerne mal besuchen?

Astrid Lindgren. Ich weiss, da müsste ich nicht weit in die Vergangenheit reisen, aber ich mag Zeitmaschinen eh nicht so gern.
Mir gefällt Astrid Lindgrens Humor, und wie sie sich für die Rechte der Tiere und der Kinder eingesetzt hatte. Wer mit achtzig Jahren mit ihrer Freundin noch ein Wettklettern auf einen Baum veranstaltet und meint: „Es gäbe kein Verbot, das alten Weibern verbiete auf Bäume zu klettern“, der hat mein Herz im Sturm erobert. Ich hoffe, ich kann das mit achtzig auch noch. Meiner Freundin rate ich jetzt schon, sich mal vorzubereiten … obwohl sie ist jünger als ich und wird das locker hinbekommen.



Wenn ich da richtig gelesen habe, hast Du auch einen Brotjob, ist das richtig? Wie vereinbarst Du das zeitmäßig mit dem Schreiben Deiner Bücher?

Puh, frag bloss nicht! Solange ich im Prozess des Schreibens bin, klappt das super mit meinem Brotjob. Aber wenn es dann um die Endarbeiten geht - nach dem Lektorat und Korrektorat - und der Terminplan eng gesteckt ist, geht’s echt an die Substanz. Da heisst es manchmal einfach, ohne Pause durchzuackern: arbeiten, schreiben, essen, schlafen… Letzteres geht dann meistens noch schlechter als sonst, weil einem ständig die Geschichte im Kopf herumgeistert. Und nach jedem Buch sage ich mir, jetzt lege ich eine Pause ein. Das hält dann meistens eine Woche an und schon sitze ich an der nächsten Geschichte :o). So ist das eben mit Suchtgefährdeten.



Wie sieht Dein Arbeitsalltag aus?

Unspektakulär. Meistens stehe ich morgens um Viertel nach fünf Uhr auf, damit ich um sieben Uhr bei der Arbeit bin. Zwischen fünf und sechs Uhr abends komme ich wieder nach Hause. Dann werden zuerst der Herr Kater und Herr Kaninchen mit Futter versorgt, dann kriegen auch der Göttergatte und meine Wenigkeit etwas zu essen. Später wird der Bürokram erledigt und, wenn ein Abgabetermin ansteht, korrigiere ich bis mir die Augen zufallen. Ansonsten guck ich ganz gerne mal etwas TV oder lese ein Buch. Sobald es die Temperaturen zulassen, verbringe ich die Abende gerne auch im Garten, um noch etwas zu jäten oder zu schnippeln. Das ist übrigens eine gute Anti-Aggressions-Therapie. Wen genau ich da nämlich aus der Erde ziehe oder wem ich gerade den Kopf abschneide, ist jeweils mein persönliches Geheimnis.
Du fragst Dich jetzt vielleicht: Aber wann schreibt sie denn? An meinem freien Tag in der Woche, am Wochenende, in den Ferien, und seit ich die präsenile Bettflucht habe, auch gerne mal um zwei Uhr morgens im Bett. Ich sass schon frierend auf den Azoren in einem Bungalow mitten im Wald, auf dem Sofa, wo ich in Gesellschaft eines Nachtfalters an der Decke und unheimlichen Geräuschen vor der Tür, die Nacht hindurchschrieb. Einfach weil ich nicht schlafen konnte. Eine Liebesszene wurde das aber nicht, das sage ich Dir.



Hast Co-Autoren oder lässt Du Deine Bücher von anderen schreiben 😉

Es ist nur ein übles Gerücht, dass mein Kater die Geschichten schreibt, aber ich werde zumindest von ihm genau überwacht.





Wie lange schreibst Du an einem Buch?

Normalerweise brauche ich etwa ein halbes bis ein Jahr um eine Geschichte zu Ende zu schreiben. Aber die eigentliche Arbeit fängt ja dann erst an: korrigieren, korrigieren und noch mal korrigieren. Das liegt vermutlich daran, dass ich eine etwas chaotische Schreiberin bin. Ich schreibe nämlich einfach drauflos und lasse mich von meinen Helden und Heldinnen überraschen.



In den letzten Jahren ist jedes Jahr ein Buch erschienen, ich gehe einfach mal davon aus, dass Du reichlich Ideen hast. Wie sieht das bei Dir aus, schreibst Du ein Buch ohne Dich ablenken zu lassen, oder kommen während des Schreibens schon die nächsten Ideen?

Es ist so eine Sache mit der Inspiration: Die kommt immer dann, wenn man nicht danach fragt.
Aber immerhin rennen mir die Ideen nicht gleich wieder weg. Sie bleiben bei mir und reifen noch ein wenig, bis ich Zeit für sie habe. Im Moment geistern mir Ideen für zwei weitere Geschichten im Kopf herum.



Wer darf Dein Buch als erstes lesen?

Meine Freundin Caro und meine Testleserinnen. Eigentlich sind die drei wirklich bemitleidenswerte Leserinnen, da sie bereits die zweite oder dritte Fassung eines neuen Romans erhalten und die ist wirklich in der Regel noch Schrott. Aber ihre Hinweise sind für mich sehr hilfreich. Ich muss meine Romane insgesamt gut sechs bis acht Mal lesen, bis das Endprodukt steht.



Wir haben ja mit Hilfe von Facebook zueinander gefunden, wie wichtig sind Dir die Social Medien?

Ich schätze die sozialen Medien, weil sie auf eine einfache Weise den Kontakt zu den Leserinnen und Lesern ermöglichen. Auch für den Austausch mit Autorenkolleginnen oder mit so netten Buchbloggerinnen wie Dir, ist es praktisch. Natürlich hoffe ich, Dich auch mal live und in Farbe kennenlernen zu dürfen. J



Nun wohnst Du ja sehr weit weg und ich glaube in der Schweiz finden keine Buchmessen statt, aber ich frage mich, ob Du dort Lesungen geben kannst. Ich meine ist da Interesse vorhanden oder eher nicht üblich?

So grosse Messen wie bei Euch die Frankfurter oder Leipziger haben wir hier in der Schweiz tatsächlich nicht. Aber Lesungen gibt es durchaus. Allerdings muss ich ehrlich gestehen, dass mir etwas davor graut, selbst eine Lesung zu geben. Ich bin eine Schreiberin, keine Rednerin. Das heisst, ich schreibe am liebsten einfach so vor mich hin, und wenn ich vor Leuten sprechen soll, sterbe ich tausend Tode. Nun springe ich trotzdem demnächst über meinen Schatten und werde an einer kleinen privaten Lesung so eine Art Survival Training für schüchterne Autorinnen ablegen. Falls danach also kein Roman mehr erscheint, wisst Ihr, dass ich es nicht überlebt habe.



Ich habe jetzt jede Menge gefragt, weiß aber, dass ich bestimmt mal wieder etwas vergessen habe, deshalb bitte ich Dich, hier einfach zu schreiben, was Du uns Lesern schon immer mal mitteilen wolltest.

Hmm, was ich den Lesern schon immer mal mitteilen wollte? Da gibt es eigentlich nur etwas: DANKE! Danke, dass Ihr Euch die Zeit nehmt für all die Geschichten, die wir Autorinnen und Autoren mit viel Herzblut niederschreiben. Dass Ihr geduldig mit uns seid, wenn die Heldin oder der Held mal nicht so handelt, wie Ihr es Euch erhofft habt, dass Ihr mit uns lacht und mit uns weint. Nur dank Euch werden unsere Geschichten in die Welt hinausgetragen und finden andere Leser, die sich damit ein paar schöne Stunden machen können. Mein Ziel ist es, Euch zu unterhalten … nicht mehr, aber auch nicht weniger.



Gerne bitte ich meine Interviewpartner mir zu Namen oder Begriffen etwas zu sagen:

Johanna Spyri:
Lach, Heidi und der Geissenpeter. Ich glaube, das waren die ersten Bilderbücher nach Johanna Spyri, die meine Eltern mir als Kind gekauft haben. Ich hab’s geliebt und mit der Heidi mitgelitten.

Enid Blyton:
Seufz, ich hätte so gerne mit George (Georgina) und ihrem Hund all die Abenteuer miterlebt. Und ja, in George sah ich immer ein wenig mich selbst: Lieber auf Bäume klettern und Geheimnisse aufdecken, als mit Puppen spielen.

Die drei Musketiere
Da mochte ich die Filme unglaublich gerne. Wer hat nicht auch den D’Artagnan angehimmelt? Auch hier wäre ich lieber mit den drei Musketieren auf einem Pferd losgeprescht, als in dem hübschen Kleidchen der Königin herumgewandelt. Dass ich nicht reiten kann, hätte allerdings ein Problem werden können *lach*.



Liebe Alexandra, ich möchte mich vielmals bei Dir bedanken, dass Du Dir die Zeit genommen hast.

Sehr gerne, liebe Ulla. Es war mir eine Ehre. Herzlichen Dank an Dich, dass Du uns Autorinnen mit Deinen Rezensionen so toll unterstützt. Das ist nicht selbstverständlich und da steckt eine Menge Arbeit drin. Ich hoffe, wir treffen uns mal an einer Messe und haben Zeit für einen kleinen Schwatz.




Diese fünf Bücher sind bereits erschienen und mehr Informationen gibt es auf der
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