Claudia Perc und ich stoßen an! Alkoholfrei auf
der LitBlogCon2019 in Köln
Liebe Claudia,
zu meiner Überraschung habe ich festgestellt, dass
tatsächlich schon einige Jahre vergangen sind, seit ich Dich als Lektorin
interviewen durfte. Es hat sich seitdem in der Buchwelt getan, allerdings sind
wir beide immer noch als Buchbloggerinnen aktiv und mit einer Dritten im Bunde
gibt es uns seit einem Jahr als „Das Bloggerteam – Die Drei vom
Niederrhein“.
Hallo liebe Ulla,
ich freue mich, dass ich Dir mal wieder für ein Interview
zur Verfügung stehen darf. Tatsache, unser letztes Interview ist eine halbe
Ewigkeit her, und in der Zeit hat sich unser beider Kontakt ja stark
intensiviert.
Welche Erfahrungen konntest Du in den letzten Jahren machen?
Durch das Lektorat habe ich mein Leseverhalten tatsächlich
geändert. Ich lese jetzt Genre, die ich vorher eher nicht gelesen hätte. Und es
sind tolle neue Freundschaften entstanden, die weit über die Bücherliebe
hinausgehen. Leider sind aber auch Kontakte eingeschlafen oder abgebrochen.
Autoren, für die ich am Anfang meiner Selbstständigkeit noch vorab gelesen
habe, sprechen mich nun nicht mehr deshalb an und nutzen meine „Dienste“ als
Bloggerin leider auch nicht mehr. Dafür haben sich an anderer Stelle aber neue
Türen geöffnet.
Wenn jemand Dein Lektorat wünscht, legst Du dann einfach los
oder wie läuft es ab?
Wenn die Anfrage von einem Autor kommt, mit dem ich
beruflich noch nichts zu tun hatte, erstelle ich zunächst ein Probelektorat.
Ich bitte um fünf bis sieben aussagekräftige Seiten (am besten immer aus der
Mitte des Manuskripts). Diese Seiten bearbeite ich dann, um den Schreibstil
kennenzulernen. Gleichzeitig hat der Autor so natürlich auch die Möglichkeit,
meine Arbeitsweise kennenzulernen. Nach diesem Probelektorat entscheide ich
dann, ob ich den Auftrag annehmen möchte und biete dem Autor dann einen
individuellen Bearbeitungspreis an.
Wie eng wird durch das Lektorat der Kontakt zu dem Autor?
Das ist völlig unterschiedlich. Zum Teil pflege ich sehr freundschaftliche Kontakte, die auch abseits der Arbeit Bestand haben, zum anderen habe ich aber auch schon Bücher bearbeitet, bei denen der Kontakt zum Autor sehr formell und sachlich geblieben ist (und auch nach Bearbeitung nicht weiter gepflegt wird)
Gibst Du auch noch andere Tipps und Hilfestellungen?
Mittlerweile empfehle ich, Lektorat und Korrektorat nicht mehr in einer Hand machen zu lassen. Die Qualität des Buches wird durch diese Trennung nochmal verbessert, da man nach mehreren Bearbeitungsdurchgängen betriebsblind wird und Fehler tatsächlich nicht mehr sieht. Ich arbeite sehr eng mit einer befreundeten Korrektorin zusammen, gemeinsam haben wir schon etliche Bücher bearbeitet. Da Du sie auch kennst, erwähne ich sie hier gern, es ist unsere liebe Gundy (Gudrun Media)
Wie viele Bücher hast Du in den Jahren inzwischen
lektoriert?
Gute Frage – ich habe sie nicht gezählt… zum Teil waren
Manuskripte von Erstlingsautoren dabei, die bisher noch nicht veröffentlicht
haben, weil sie ihr Buch eher als Hobby für sich sehen.
Ich hatte Dich damals gefragt, wie lange Du an einem Buch
arbeitest, kannst Du inzwischen sagen, dass Du mehr Routine hast und es
schneller geht?
Nein, eine Routine kann da nicht kommen, da jedes Buch
anders ist. Zwar habe ich für einige Autoren schon mehrere Bücher bearbeitet,
aber meist stelle ich fest, dass die Autoren ihre Schreibweise verändern.
Hatten sie in einem Buch ein bestimmtes „Lieblingswort“, das sie oft verwenden,
und das ich dann regelmäßig aus dem Text streiche, schleicht sich im nächsten
Buch eine neue Phrase ein. Ein kleines Beispiel: im einen Buch nutzte der Autor
gern die Phrase „er ließ sich in den Sessel (auf den Stuhl etc.) sinken (als
Ausdruck für „er setzt sich hin), so lässt er diese Phrase im nächsten Buch
weg, nutzt stattdessen aber ständig „Jedoch aber“ als Phrase, die viel
erscheint.
Ich habe unsere anderen Interviews nochmal durchgelesen. Da
habe ich Dir geantwortet, dass ich zwei bis fünf Bücher im Monat schaffe. Das
hat sich tatsächlich verändert, da ich in der Regel keine kleinen Kurzromane
mehr lektoriere, sondern der Fokus auf weitaus umfangreicheren Manuskripten
liegt. Da sich zusätzlich noch andere berufliche Veränderungen bei mir ergeben
haben, ist die Bearbeitungsmenge auf ca. ein Buch pro Monat (z.T. sogar sechs
Wochen) „geschrumpft“. Allerdings sind diese Manuskripte nicht nur seitenmäßig
sehr viel umfangreicher, als die vor ein paar Jahren bearbeiteten, sondern auch
vom Inhalt her wesentlich komplexer.
Von anderen Autoren höre ich oft, dass der Lektor sich zu
sehr in das Geschehen einmischt und es endlose Diskussionen gibt. Wie siehst Du
Deine Arbeit?
Ich mische mich grundsätzlich nicht ein. Ich „schubse“ die Sätze, damit sie schöner klingen, ich suche nach Logikfehlern und nach Grammatikfehlern. Die Geschichte an sich ist Sache des Autors.
Hat es schon mal Aufträge gegeben, die Du abbrechen oder
ablehnen musstest?
Ja, die gab es tatsächlich auch schon. Manchmal ist auch ein
Probelektorat nicht ausreichend. Diese Fälle sind aber sehr selten.
Ich denke mal, die „Chemie“ muss auch stimmen, hat es schon
mal uneinsichtige Autoren gegeben?
Auch das gab es schon, meist in den Fällen, wenn ich ein
Lektorat abgelehnt habe.
Hast Du immer noch genügend Zeit, um privat zu lesen?
Die Zeit, um privat zu lesen, ist zwar rar, aber ich nehme
sie mir immer noch. Wie Du oben schon schriebst: ich blogge ja immer noch, und
das geht nur mit in der Freizeit gelesenen Büchern. Bücher, die ich textlich
bearbeitet habe, rezensiere ich nicht und stelle sie nicht auf meinem Blog vor.
Hattest Du schon mal den Gedanken, so ein Buch hätte ich
auch schreiben können?
Tatsächlich noch nie! Ich kann zwar gut „Sätze schubsen“,
aber ich habe keinerlei Ambitionen, selber auch zu schreiben. Ich bewundere
jeden Autor für seine Ideen.
Ich danke Dir vielmals, dass Du ein weiteres Mal Zeit
hattest, um meine Fragen zu beantworten.
Liebe Ulla, ich danke Dir für dieses Interview. Über Deine
Anfrage habe ich mich riesig gefreut, denn unser Kontakt hat sich ja in den
letzten Jahren doch sehr intensiviert, worüber ich mich im Übrigen sehr freue.
Ich liebe die „Arbeit“ in unserem Bloggerteam.
Wir, das Bloggerteam - die Drei vom Niederrhein, bereiten
uns auf die Buchmesse in Leipzig vor.
Zu dem Zeitpunkt ahnten wir noch nicht, dass wir diesmal
nicht fahren konnten.
vlnr Claudia Perc, Andrea Salzberger, Ulla Leuwer
Und wer die beiden vorherigen Interviews lesen möchte, kann dies gerne machen
Interview 2015 und Interview 2016