Große Verlage kennt jeder, aber viele wissen nicht, dass es kleine Verlage gibt, die ebenfalls sehr gute Bücher herausbringen. Hier möchte ich nun den KopfKinoVerlag vorstellen und habe dazu ein Gespräch mit Thomas Dellenbusch geführt.
Lieber Thomas,
ich danke Dir, dass Du Dich meinen Fragen stellen möchtest.
Bisher habe ich „nur“ Autoren interviewt, bis ich auf die Idee kam, dass ich
ebenso gut auch mal Verleger interviewen könnte. Du bist allerdings beides -
Autor und Verleger - und es kann sein, dass sich einige Fragen auf beide
Tätigkeiten beziehen. Damit bin ich eigentlich auch gleich beim Thema, denn ich
erzähle meinen Lesern als erstes, wie ich meinen Interviewpartner kennengelernt
habe.
Für mich als Bloggerin gibt es reichlich Zufälle, und
zufällig habe ich Dich bei einem Autorenfrühstück kennengelernt. Während ich
frühstückte, durften Autoren etwas vorlesen, und ich weiß noch, wie begeistert
ich von Deinem Auftritt war. Selber bin ich kein Freund von
„dünnen“ Büchern, und deshalb war ich so überrascht, dass Du mich mit dem
kurzen Stück aus Deinem Buch so gefesselt und neugierig gemacht hast. Das war
der Beginn einer Autoren-Blogger-Buch-Freundschaft. Erst danach habe ich
erfahren, dass Du einen Verlag und zwar den KopfKino-Verlag (MeinKopfKino.de)
führst.
Wie bist Du auf die Idee gekommen, einen Verlag zu gründen?
Hallo Ulla, ich danke dir herzlich für dieses Interview.
Deine erste Frage lässt sich nur beantworten, wenn ich dir erzähle, warum ich
mich für das Literaturformat „Kurzromane“ entschieden habe. Meine Freundin und
ich lassen schon einmal gerne den Fernseher aus, kuscheln uns stattdessen aufs
Sofa und lesen uns gegenseitig aus einem Buch vor. Doch was liest man? Hört
sich leichter an als es ist. Denn Vollromane scheiden aus, die kriegst du an
einem Abend nicht fertig. Kurzgeschichten (per Definition maximal 20 Seiten)
sind zu kurz. Die füllen den Abend nicht. Es müsste etwas dazwischen geben.
Etwas, was beim Lesen ungefähr so lange ist wie ein Spielfilm, also etwa 2
Stunden. Das wäre ideal. Aber finde das mal! Das gibt es, ja, aber da kannst du
lange suchen. Also dachte ich mir: Dann schreibst du solche 2-Stunden-Geschichten
eben selber, immerhin bist du Texter von Beruf.
Und jetzt, nach dieser Vorgeschichte, kann ich dir auch
deine Frage beantworten. Alle, die mich kannten, von Freunden, über
Autorenkollegen, Lektoren bis hin zu Agenten, sagten mir: „Lass die Finger
davon! Die Deutschen mögen dieses Format nicht. Das kauft keiner!“
Okay, das akzeptiere ich. Aber was ich nicht akzeptiere,
ist, dass das NIEMAND mag. Denn es ist nicht nur perfekt als Filmersatz, egal
ob auf dem Sofa oder beim Campen, es ist auch perfekt für die Zwischenräume des
Lebens, z.B. eine Bahnfahrt von A nach B, die Auszeit im Café oder am Strand,
beim Friseur, während die Farbe einwirkt u.s.w.
Trotzdem musste ich der Tatsache Rechnung tragen, dass
„der Deutsche“ dieses Format grundsätzlich nicht mag. Auch du – du erinnerst
dich – gehörtest dazu, bis du ein paar meiner Bücher gelesen hast. In welcher
Form also, fragte ich mich, kann man dem Rechnung tragen? Wenn überhaupt, war
mein Schluss, muss ich jene Autoren, die in diesem Format schreiben, an einer
zentralen Stelle bündeln. Damit es den wenigen Fans von Kurzromanen leicht
gemacht wird, diese zu finden. Wenn sie alle verstreut sind, kämpft jeder Autor
alleine gegen Windmühlen. Ich halte es für förderlicher, wenn möglichst viele
Kurzromane zentral unter einem Dach zu finden sind, gebündelt unter dem Motto
„KopfKino in Spielfilmlänge“. Das war der Grund für die Verlagsgründung.
Du lebst im falschen Land dafür. Kurzromane sollen im
angloamerikanischen Bereich deutlich beliebter sein als in Deutschland.
Das habe ich auch des Öfteren gesagt bekommen. Und das ist
sicherlich auch der Grund dafür, dass bislang drei meiner Titel in den USA ins
Englische übersetzt wurden.
Wie kam es zu dem Namen des Verlages?
Als Autor schreibe ich lebendig, also bildhaft. Beim
Schreiben versetze ich mich in die Rolle eines Filmregisseurs, der mein Buch
verfilmt. Ich schreibe so, wie ich das an seiner Stelle auf einer Leinwand
inszenieren würde.
Ich kenne sehr viele Kollegen, die in ihren Büchern immer
wieder in die sogenannte Berichtsform verfallen (Harald wurde wütend und
verwies den unverschämten Bittsteller seines Büros). Ich schreibe so, dass
sich im Kopf des Lesers ein Film abspielt (Harald schlug mit der Faust auf
den Tisch und schrie: „Verlassen Sie sofort mein Büro!“).
Diesen Stil erwarte ich auch von meinen Verlagsautoren.
Und was liegt da näher als dieser Verlagsname und diese Bezeichnung für die
Kollektion: KopfKino in Spielfilmlänge?
Du hast ja einige Bücher geschrieben, wurden sie von Anfang
an in dem Verlag veröffentlicht?
Ja, ich habe nie einen anderen Weg in Erwägung gezogen.
Du schreibst ja weiterhin noch Bücher, mich persönlich haben
als erstes die Bücher „CHASE“ begeistert und danach „Verstecktes Herz“, Bücher
in ganz verschiedenen Genres. Das finde ich auch sehr interessant, was darf ich
von Dir noch erwarten?
Just im Moment schreibe ich am dritten Teil der
CHASE-Reihe mit dem Arbeitstitel „Jagd auf den Schatz des Zaren“. Danach steht
wieder etwas Literarisches à la „Verstecktes Herz“ auf der Agenda: „Der Garten
der grünen Äpfel“ oder „Der Apfelgarten“.
Wie lange schreibst Du an einem Buch und wie sieht die
Arbeitsaufteilung bei Dir aus?
Das Schreiben an sich geht relativ schnell, weil das Buch
schon fix und fertig ist, wenn ich mit dem eigentlichen Schreiben beginne. Was
ewig dauert, ist das Plotten, das Konzipieren der Story. Eine Kollegin sagte
einmal in der „Rheinischen Post“: „Dellenbuschs Bücher sind wie aus einem
Guss“ - komplett durchkonzipiert. Und dafür brauche ich sehr lange, manchmal
ein Jahr und länger, insbesondere bei der CHASE-Reihe, in der es um
intelligente Rätsel geht, die es sich auszudenken gilt. Die muss ich ja nun
vorher alle entwickeln, damit sie in die Story passen und obendrein für
Überraschungen sorgen. Und ich schreibe nun mal nicht nur. Viel Zeit geht auch
fürs liebe Geldverdienen drauf, als Lektor, Verleger und Hörbuchproduzent.
Du bist sehr aktiv im Verband der Selfpublisher, auf Messen
treffen wir beide uns regelmäßig. Wie wichtig ist Dir diese Tätigkeit.
Der Buchmarkt verändert sich radikal. Das Selfpublishing
mischt die Szene auf, und es wird immer besser. Selfpublisher haben was zu
sagen, und auch sie müssen und dürfen ihre Interessen artikulieren, damit die
Rahmenbedingungen des Marktes auch sie berücksichtigen. Das geht nur, wenn sie
eine Stimme haben. Eine mächtige Stimme. Und diese Stimme ist der Verband. Das
war mir sofort klar. Ich bin Mitglied geworden, als der Verband 33 Mitglieder
hatte. Inzwischen sind es 700. Bereits jetzt wird er von den Großen des
Buchmarktes gehört und ernst genommen. Dieser Verband ist wichtig, und je
größer er ist, desto besser kann er sein Gewicht einbringen. Wären wir 4.000
Mitglieder würde unser Vorsitzender beim Lanz sitzen, sage ich immer.
Inzwischen führe ich die Geschäftsstelle des Verbandes, und er tut eine Menge
für seine Mitglieder und für die Akzeptanz des Selfpublishing.
Um noch einmal auf Deinen Verlag zurück zu kommen, wie muss
ich mir eigentlich die Arbeit als Verleger vorstellen. Suchst Du nach Autoren
oder wirst Du von ihnen angeschrieben.
Bekommst Du Manuskripte eingereicht?
Ganz am Anfang habe ich eine bestimmte Autorin gesucht,
weil ich einen Kurzroman von ihr gelesen hatte, der mich total begeisterte:
Tanja Berns „Distant Shore“. Tanja war vom Konzept des Verlages sofort begeistert
und schaffte es, die Rechte an „Distant Shore“ vom ursprünglichen Verlag auf
den meinen zu übertragen. Inzwischen gibt es zwei Fortsetzungen dieser
bewegenden Geschichte in Irlands Süden. Mittlerweile suche ich nicht mehr
aktiv, sondern bekomme regelmäßig Manuskripte angeboten, meistens von einer
Literaturagentur, deren Inhaberin das Konzept ebenfalls mag. Allerdings lege
ich sehr viel Wert auf schriftstellerisches Können und Handwerk. Auch sind
bestimmte Genre ein Ausschlusskriterium, wie beispielsweise Erotik, Grusel,
Horror, Psychodramen oder Autobiographisches. Der KopfKino-Verlag macht nur
klassische Unterhaltungsliteratur. Aber gut muss sie sein ;-)
Wenn Du Dich entschieden hast, ein Buch zu veröffentlichen,
wie geht die Arbeit bei Dir dann weiter?
Abgesehen davon, dass es dann zu einem Vertrag mit dem
Autor kommt, durchläuft es zunächst ein professionelles Lektorat. Dann
lassen wir ein dazu passendes Cover entwickeln. Wir finden einen Titel
gemeinsam mit dem Autor. Es erhält eine ISBN, wird gesetzt und dann als eBook,
Taschenbuch und als Hörbuch veröffentlicht.
Der KopfKino-Verlag ist ein sehr kleiner Verlag. Wie
kommt es, dass er auch Hörbücher herausgibt?
Das ist ganz einfach. Ich dachte mir von Anfang an: Wenn
es schon Geschichten in Spielfilmlänge sind, die man sich statt fernzusehen
vorlesen kann, sollte es sie auch in einer vorgelesenen Form geben. Das liegt
doch nahe.
Ich stelle mir vor, dass viele „Neulinge“ bei Dir
Manuskripte einreichen, was empfiehlst Du ihnen im Vorfeld?
Unter https://www.meinkopfkino.de/faq/162-informationen-fuer-interessierte-autorinnen.html
steht alles, was wir von einem Manuskript erwarten. Schwierig zu formulieren
ist dabei das schriftstellerische Können. Das wird dann im Einzelfall
beurteilt. Und es ist wie es ist: die meisten Einreichungen müssen wir
ablehnen, weil es genau daran mangelt. Dann empfehle ich erst einmal üben, üben
und üben. Dabei helfen Ratgeber. Ich persönlich bin ein Fan der Ratgeber von
Stephan Waldscheidt.
Das Ablehnen aus diesem (Qualitäts-)Grunde ist allerdings
nicht einfach. Da ich bekannt dafür bin, zu sagen, was Sache ist, bekomme ich
oft beleidigende Mails von in ihrer Eitelkeit getroffenen Autoren zurück. Damit
muss ich leben. Besser allenfalls als mit schlecht geschriebenen KopfKino-Büchern
auf dem Markt.
Wo können die Bücher Deines Verlages erworben werden. Wenn
ich in meine Buchhandlung gehe, kann ich dort ein Buch bestellen?
Natürlich sind die eBooks überall erhältlich, wo es
eBooks gibt. Die Hörbücher gibt es auf Audible, iTunes und Amazon. Die
Taschenbücher gibt es bei Amazon und in der Buchhandlung. Alle KopfKino-Bücher
haben eine deutsche ISBN und sind im VLB eingetragen, können also von jeder
Buchhandlung bei mir im Kundenauftrag bestellt werden. Diesen Service bieten
erfahrungsgemäß jedoch nur inhabergeführte Buchhandlungen an. Die großen
Buchhandelsketten bestellen nur beim Großhändler, und dort bin ich nicht
gelistet. Aber bei inhabergeführten Buchhandlungen: Kein Problem!
Was wird alles unternommen, damit die Leser auf die Bücher
Deines Verlages aufmerksam werden?
Ich gebe dir zum Beispiel gerade ein Interview!! Im
Ernst: Die Möglichkeiten eines Kleinstverlages sind klein. Ein wenig Facebook-
oder Amazonwerbung, gelegentliche Lesungen, Teilnahme an Veranstaltungen (z.B.
demnächst Bücherbummel auf der Düsseldorfer Kö) und Presseartikel. So hat
beispielsweise Sabine Heinrich (Frau TV) beim WDR Literaturmarathon 2018 aus
meinem Buch „Liebe ist kein Gefühl“ öffentlich gelesen, oder ich wurde von
Christine Westermann (Das literarische Quartett, Zimmer frei!) zu meinem
Verlagskonzept in eine ihrer Sendungen eingeladen. Das ist natürlich toll, aber
grundsätzlich ist es so, dass die Möglichkeiten eines Kleinstverlages begrenzt
sind. Aber je mehr Autoren im KopfKino-Verlag veröffentlichen, desto größer
wird die Reichweite.
Du machst Lesungen, empfiehlst Du das den Autoren ebenfalls?
Auf jeden Fall! Das beste Mittel, um Menschen zu
begeistern!
Ich kann mir vorstellen, dass Du nicht mehr soviel Zeit
hast, Bücher Deiner Kollegen zu lesen. Aber wenn es dazu kommt, kannst Du dann
den Verleger abstellen? Ich merke es
doch an mir, seit ich als Buchbloggerin tätig bin, lese ich ganz anders und
mache mir mehr Gedanken.
Ja, den Verleger kann ich sehr gut ablegen. Was quasi gar
nicht geht, ist es, den Lektor abzulegen. Ich lektoriere ja auch Manuskripte
von Selfpublishern und anderen Verlagsautoren. Das hat mein Lesen schon massiv
verändert.
Hast Du eigentlich als Kind gerne gelesen und wenn ja, an
welche Bücher kannst Du Dich gut erinnern?
Das Lesen war eine meiner großen Leidenschaften als Kind
(neben Brettspielen). So sehr, dass ich es selber versuchen wollte, indem ich
mir mit neun Jahren kein Spielzeug sondern eine Schreibmaschine zu Weihnachten
gewünscht und bekommen habe. Darauf entstanden erste Kurzgeschichten. Gelesen
habe ich fast die gesamten U-Lit-Klassiker wie Robinson Crusoe, Moby Dick, Tom
Sawyer, Die drei Musketiere, Karl May, diese ganze Riege halt.
Das sind natürlich alles Vollromane. Was liest du
heute? Nur noch Kurzromane, oder kannst du auch einen Vollroman genießen?
Aber natürlich. Ich lese fast alles. Sachbücher, Voll-
und Kurzromane. Es ist doch keine Frage, wie viele Seiten ein Buch hat, sondern
wie gut es unterhält oder informiert. Wir bewerten Bücher doch nicht nach
Gewicht. Ich habe von einer Blogger-Gemeinschaft einmal gesagt bekommen,
Kurzromane seien nur der halbfertige Mist untalentierter Autoren. Bei solch
fachkundigen Urteilen würde sich ein Stefan Zweig im Grabe herumdrehen.
Wenn Du in die Vergangenheit reisen könntest, welchen Autor
würdest Du dann besuchen und warum?
Oh Mann, da wären so viele zu nennen. Aber wenn ich unter
all jenen eine Entscheidung treffen müsste, dann sicher Shakespeare. Egal, wie
„gebildet“ sich das vielleicht anhören mag, aber er ist nicht nur der Größte
von allen, der ausschlaggebende Grund ist, dass niemand wirklich historisch
belegen kann, wer Shakespeare eigentlich war. Und das wüsste ich halt gerne.
Ich bedanke mich vielmals bei Dir und wünsche Dir weiterhin
viel Erfolg mit dem Verlag und natürlich auch Deinen Büchern.
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