Dienstag, 6. Oktober 2020

Autoreninterview - Cornelia Lotter

Autorin Cornelia Lotter  -   Fotograf Frank Türpe

 

Liebe Cornelia,

ich freue mich, dass Dich meinen Fragen stellen möchtest. Bevor ich aber damit loslege, möchte ich kurz etwas dazu schreiben, wie und wann wir uns kennen gelernt haben. Natürlich habe ich Dich auf einer der Buchmessen getroffen, die ich in den letzten Jahren gerne und regelmäßig besucht habe. Bei meiner „Recherche“ stellte ich dann fest, dass wir im Jahr 2014 bei Facebook den ersten Kontakt hatten. Seitdem ist natürlich vieles geschehen. Du hast viele Bücher geschrieben und bist nach Leipzig gezogen, um noch einmal so richtig durchstarten zu können.

 

Wie kam es zu diesem Ortswechsel?

Nachdem ich immer „nur nebenbei“ geschrieben habe und mein „Brotjob“ mich immer mehr genervt hat, habe ich beschlossen, noch einmal völlig neu durchzustarten. Ausschließlich das zu machen, was ich eigentlich mein Leben lang machen wollte: Schreiben. Damit verbunden sollte auch ein Ortswechsel sein, weil der Vorort von Tübingen, in dem ich seit 31 Jahren gelebt hatte, doch sehr provinziell war. Es gab einfach zu wenig geistig-kulturellen Austausch, und ich wollte mich auch selbst in die Kulturszene mehr einbringen, als das in Tübingen möglich war. Also schaute ich nach möglichen Zielen und blieb gleich bei Leipzig „hängen“. Auch weil ich dort schon seit einigen Jahren für meine Leipzig-Krimis recherchiert habe und dadurch auch schon einige nette Menschen kannte.

 

Ich habe gelesen, dass Du schon sehr früh mit dem Schreiben hast. Verstehe ich das richtig, also schon als Jugendliche? Was hast Du damals geschrieben und gibt es davon noch Aufzeichnungen?

Ich habe mit dem Schreiben begonnen, gleich nachdem ich das Alphabet beherrschte. Zunächst Märchen (mit entsprechenden Zeichnungen auf Butterbrotpapier), später dann Geschichten über den Schulalltag, angehimmelte Sänger (Bernd Clüver und Brian Connelly von Sweet) und eben den Prinzen, der allerdings nie mit seinem weißen Ross in meine Dorfeinöde geritten kam. Beim letzten Umzug habe ich all diese Ergüsse dann entsorgt. Man hat ja immer weniger Platz. Gedichte habe ich auch schon immer geschrieben. Es wurden auch viele in Zeitungen, Zeitschriften und Anthologien abgedruckt, teils auf Initiative meines Deutschlehrers. Irgendwann hatte ich auch mal eine Phase, da habe ich „utopische Romane“ geschrieben. In der Zeit habe ich mich stark von Stanislaw Lem „inspirieren“ lassen, aber auch Jules Verne fand ich toll.

 

Du bist in der DDR aufgewachsen und hattest sicherlich nicht Kinderbücher zur Verfügung, die wir Kinder im Westen lesen konnten. Hast Du als Kind viel gelesen und wenn ja, woran kannst Du Dich erinnern?

Wir hatten das Glück, eine Dorfbibliothek zu haben, in der ich Stammgast gewesen bin. Ich habe ununterbrochen gelesen, teils nachts mit der Taschenlampe unter der Bettdecke.  Wenn ich nicht gelesen habe, habe ich geschrieben. Meine Mutter musste mich immer raus an die frische Luft jagen, wenn ich mich wieder in meinem Zimmer vergraben hatte.

 

Ich habe gesehen, was Du beruflich im Osten und auch im Westen, nach der genehmigten Ausreise gemacht hast. Wann hast Du eigentlich so richtig mit dem Schreiben begonnen?

Kurzprosa und Lyrik, wie oben schon geschrieben, eigentlich immer. Die ersten Romane entstanden dann 2000. Das war nach einer schlechten Diagnose, die in mir den Kreativitätsmotor angeschmissen hat. Er ist bis jetzt noch nicht zum Stillstand gekommen.

 

Hattest Du neben Deinem Brotjob noch Zeit dazu?

Nach der Geburt meines Sohnes 1993 habe ich ohnehin nur noch Teilzeit gearbeitet. Daran hat sich bis zum Schluss nichts geändert. Dadurch hatte ich auch immer genug Zeit zum Schreiben.

 

Hast Du jetzt noch Zeit, Bücher Deiner Kollegen zu lesen? 

Ich lese nach wie vor sehr viel. Und tatsächlich hauptsächlich Bücher von KollegInnen aus dem Selfpublishing. Ich muss doch wissen, was die so machen…

 

Wie findest Du die Ideen zu Deinen Büchern?

Die Ideen finden eher mich. Zeitungsartikel, Reportagen, Berichte, Dinge, die um mich herum geschehen. Es gibt mehr Interessantes, als ich in Romanen verarbeiten kann. Gegenwärtig schreibe ich an einem Roman, zu dem mich ein Leser und Kollege gebracht hat. Obwohl ich mich erst dagegen gewehrt hatte, weil die Protagonistin nicht gerade als Identifikationsfigur taugt, also alles andere als eine positive Heldin ist, hat mich die Geschichte dann doch gepackt. Ich liebe Herausforderungen!

 

Wie lange schreibst Du an Deinem Buch?

Das ist unterschiedlich und kommt auf den Umfang der notwendigen Recherchearbeit an. Das geht von der Idee bis zum fertigen Buch irgendwas zwischen 3 Monaten und einem Dreivierteljahr. Es kommt natürlich auch auf die Länge an. Für meine Kurzromane mit ca. 150 Seiten brauche ich natürlich nicht so lange.


Wer darf das Buch als erstes lesen?

Meistens habe ich Testleser, die sich von sich aus melden und bewerben oder ich starte einen Aufruf oder ich frage sie konkret an, ob sie Zeit haben.

 

Wie sieht heute Dein Autorenalltag aus?

Nach dem Frühstück ist erst Mal Social Media angesagt. Ich bin ein Morgenmuffel und brauche lange Anlaufzeit. Vor halb zehn bin ich selten in der Lage, einen vernünftigen Satz zu schreiben. Danach wird bis Mittag gearbeitet und dann am Nachmittag nochmal ein paar Stunden, je nachdem, was ich sonst noch für Termine habe.

 

Was hast Du noch alles geplant?

Gerade habe ich, wie schon gesagt, den Roman mit der schwierigen Protagonistin angefangen. Im Hintergrund läuft aber schon seit Monaten die Recherche für einen großen Roman über den kommunistischen Widerstand während der NS-Zeit in Leipzig. Da hängen die Archive mit der Bereitstellung bestimmter Materialien wegen Corona arg hinterher.

 

Du veröffentlichst Deine Bücher als Self Publisherin, hast Du diese Entscheidung schon einmal bereut?

Nein, diese Entscheidung habe ich noch nie bereut. Die Möglichkeit schnell und ohne dass mir jemand reinredet zu veröffentlichen, was ich will, ist einfach unschlagbar toll.

 

Die Idee zu diesem Interview kam, weil ich nun Mitglied in der Bloggerlounge des Self Publisher Verbandes bin und meine, dass verlagsunabhängige Autoren bekannter gemacht werden sollen. Du bist Mitglied im Verband. Was bedeutet das für Dich?

Ich finde es gut und wichtig, dass wir Selfpublisher unsere Kräfte bündeln, um dem Selfpublishing in der Gesellschaft mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, uns gegenseitig zu unterstützen und fortzubilden.

 

Auf Deiner Homepage habe ich gesehen, dass Du auch Lesungen machst. Wie wichtig ist Dir das?

Lesungen mache ich sehr gern. Ich bin eine richtige Rampensau. In Tübingen habe ich regelmäßig eigene Programme mit Musik auf die Bühne eines kleinen Theaters gebracht. Auch hier in Leipzig habe ich schon viele tolle und auch gut besuchte Lesungen abgehalten und bedaure sehr, dass es in diesem Jahr wegen Corona so selten möglich gewesen ist. Der Austausch mit dem Publikum ist mir dabei am wichtigsten. Die unmittelbaren Reaktionen zu sehen, hinterher Fragen zu beantworten und mit den Zuhörern zu diskutieren, das ist ein guter Ausgleich zu dem doch einsamen Schreiben zu Hause.

 

Wie wichtig ist Dir der Kontakt zu Bloggern und Lesern?

Auch das ist mir sehr wichtig, ich freue mich immer tierisch, wenn mir ein Leser/ eine Leserin eine Mail schreibt, dass und warum ihnen ein Buch von mir gut gefallen haben. Dadurch sind schon viele gute Kontakte entstanden. Aus Bloggerkontakten sind schon reale Freundschaften entstanden.

 

Wenn Du eine Zeitreise machen könntest, welchen Autor der Vergangenheit würdest Du gerne besuchen und weshalb?

Da ich durch meinen Geburtsort und zeitweiligen Wohnort Weimar ja vorbelastet bin, würde ich schon gern mal mit dem alten Herrn Geheimrat Kaffeetrinken und über sein Frauenbild diskutieren.

 

Nun habe ich wie immer sehr viel gefragt und bestimmt auch wieder etwas vergessen, hier hast Du nun die Möglichkeit, uns Lesern das mitzuteilen, was Du uns schon immer mal sagen wolltest.

Ich möchte alle Leserinnen und Leser bitten, wenn sie ein Buch gelesen haben, auch eine kurze Rezension auf der entsprechenden Plattform zu verfassen. Das ist für uns verlagsunabhängige Autoren immer besonders wichtig. Gern können dort auch kritische Bemerkungen gemacht werden. Es müssen keine Lobeshymnen sein. Aber ein feedback ist immer schön.

Ach ja, ich veröffentliche ja noch unter 5 Pseudonymen. Wer also auch mal etwas ganz anderes (Autobiografisches, Erotik, heitere Frauenliteratur) lesen möchte, kann sich gern per Mail an mich wenden. Ich teile dann gern meine Pseudonyme mit.

Über einen Besuch auf meiner Website www.autorin-cornelia-lotter.de freue ich mich auch.

 

Zum Schluss möchte ich mich bei Dir vielmals bedanken, dass Du Dir die Zeit genommen und meine Fragen beantwortet hast.

 

Cornelia Lotter hat einige Bücher veröffentlicht und wenn ich hier nun alle Cover zeigen würde, könnte es den Rahmen sprengen, deshalb nehme ich stellvertretend ein Buch. Lerchenküsse habe ich vor einigen Jahren gelesen und es hat mir gut gefallen:


Kurzbeschreibung, übernommen:

Was für eine Schnapsidee!
 
Sophie will von der tiefsten Schwäbischen Alb nach Leipzig ziehen, um dort einen Erotikshop für Frauen zu eröffnen. Dass sie Angst vor ihrer eigenen Courage hat, verrät sie ihren Eltern natürlich nicht. Und so sieht sie sich - angekommen in der angesagten Sachsenmetropole - auch diversen Schwierigkeiten gegenüber: Wohnungssuche, Standortsuche für ihren Shop und Geldbeschaffung. An männlichen Bekanntschaften mangelt es ihr jedoch nicht, so dass sie auch auf dem Feld der Liebe gehörig ins Schwitzen kommt. 

Eine spritzige und romantische Komödie, ein Gute-Laune-Buch und eine Hommage an die Stadt Leipzig.



Hinweise zu weiteren Büchern sind hier zu finden

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