Anja Saskia Beyer ermöglicht uns Lesern mit ihren Büchern, dass wir durch Italien reisen können. Sie nimmt uns mit in schöne Gegenden, sorgt dafür, dass zumindest mir, das Wasser im Munde zusammenläuft 😉 und erzählt uns spannende Geschichten aus der Vergangenheit und Gegenwart. Ich freue mich, dass ich an dieser Blogtour teilnehmen darf. Hier kommt nun mein erster Beitrag:
Mit Begeisterung habe ich das Buch „Die Sterne über Venedig“
gelesen. Die Frauen, egal wie alt sie sind, haben mich beeindruckt. Zu gerne
hätte ich mich mal mit ihnen unterhalten. Wie würde das wohl abgelaufen?
Vielleicht so:
Ich stehe in Venedig vor einem der höheren Häuser und
betätige den Türklopfer. Nachdem mir geöffnet wird, gehe ich die enge Treppe
hinauf. Denn in den venezianischen Häusern befindet sich im Erdgeschoss nur der
große Eingangsbereich, so kann das Hochwasser den Räumen nicht so viel anhaben.
Ich darf in einem edlen Wohnraum Platz nehmen und betrachte nun die Anwesenden.
Um mich herum sitzen Lotta, Caterina, Nicola, Gina und
Miranda. Ich kenne sie natürlich alle aus dem Buch und somit ihre Geschichten.
Jetzt habe ich die Gelegenheit und kann meine Fragen los werden. Obwohl ich
alle fünf sehr interessant finde, möchte ich Miranda doch die meisten Fragen
stellen.
Es fällt mir allerdings schwer, denn Lotta ist gerade mal 12
Jahre alt und mich würde schon interessieren, wie sie sich denn künftig gegen
die frechen Jungs wehren will.
Nicola, ihre Mutter hat es nicht leicht, nachdem sich ihr
Mann von ihr getrennt hat und außerdem kann sie nicht verstehen, weshalb sich
ihre Schwester Caterina so komisch verhält. Mich würde schon interessieren, ob
sich das gute alte Schwesternverhältnis wieder einstellt.
Gina, die Mutter von Nicola und Caterina ist in der ganzen
Geschichte ziemlich zurückhaltend, aber sie bemüht sich den Töchtern und der
Enkelin eine Hilfe und Stütze zu sein. Mit ihr würde ich gerne in der Küche
backen, wobei ich mehr Wert darauf lege, die leckeren Sachen zu probieren.
Miranda ist über 90 und hat viel Aufregendes erlebt. Ich
traue mich fast gar nicht, meine Fragen zu stellen. Aber die Neugierde ist
größer.
Miranda Du kennst
Deine Freundin Elina schon ewig, wie fühltest Du Dich, als sie eines Tages
nicht mehr zur Schule gehen durfte.
Ich war wütend und
fand es so ungerecht. Sie hatte niemandem etwas getan. Nur weil sie in den
Augen von manchen die falsche Religion hatte. Elina war Jüdin, aber ihre
Familie lebte den Glauben noch nicht einmal. Am liebsten wäre ich auch nicht
mehr zur Schule gegangen, aber dann hätte ich ihr nicht einmal mehr die
Schulsachen bringen können. Ihr Vater hat sie dann ja zum Glück unterrichtet.
Du warst gerade 18
als Du durch den Kontakt zur Schneiderin Giulia im Untergrund mithelfen
konntest. Hättest Du Dir da vorstellen können, was Du alles erleben wirst?
Nein, aber ich wusste,
ich muss etwas tun, kann nicht nur zusehen, wie so viele. Als Giulia mir von
ihrem Bruder erzählt hat, den die Deutschen ins Gefängnis gesteckt hatten,
blieb mir keine Wahl mehr. Sollte ich zusehen, wie unsere Männer alle ins
Gefängnis kommen und womöglich sterben?
Es fing ja ganz
harmlos an, zunächst habt ihr den Gefangenen Männerkleidung zu kommen lassen. Wie
fühltest Du Dich da?
Ich fühlte mich wie
eine ausgestopfte Gans. Wir haben so viele Männerklamotten übereinander
gezogen, dass wir richtig dick aussahen. Unter unseren langen Röcken konnte man
es gut verstecken. Aber ich hatte eine riesige Angst, dass die Deutschen es
merken und wir selbst ins Gefängnis kommen. Wir konnten sie gut ablenken mit
unserem guten italienischen Essen.
Ich finde es ungemein
mutig, was Du danach alles gemacht hast. Hattest Du nicht jedes Mal vor
Aufregung Herzklopfen? Ich denke da an verschiedene Situationen in den Bergen.
Oh ja, sehr oft hatte
ich Herzklopfen. Im Nachhinein bin ich selbst überrascht, was wir Frauen alles
auf uns genommen haben. Unser Glück war, dass Frauen damals nicht ernst
genommen wurden, also quasi unsichtbar waren. Die Deutschen haben einfach nicht
gedacht, dass die italienischen Frauen so mutig sein könnten. Und ich habe es
für Renzo gemacht, für meine große Liebe.
Jetzt im Alter
erzählst Du Deiner Familie alles. Hast Du nie daran gedacht, das mal alles
aufzuschreiben? Es wäre doch schade gewesen, wenn Deine Mädels das nicht
erfahren hätten.
Alle Frauen aus dem
Widerstand, die ich kenne, haben nie darüber gesprochen, was sie damals im
Krieg alles mutiges getan haben. Wir haben es für unsere Männer getan. Für
unsere Kinder. Wir wurden nie geehrt dafür. Erst in den letzten Jahren, seit
ich Angst habe, dass sich die Geschichte wiederholen könnte, habe ich mal daran
gedacht, es aufzuschreiben. Aber das hat ja zum Glück diese Autorin jetzt
gemacht. Und ich habe meine Geschichte meiner Familie erzählt. Ich hoffe so
sehr, dass viele daraus lernen werden, dass es sich nicht wiederholen darf,
aber auch dass Frauen so viel stärker sind als sie oft selbst denken.
Wenn Du nun über alles nachdenkst, würdest Du noch
einmal so handeln, könnte die Zeit
zurück gedreht werden?
Ich denke ja. Ich
hoffe es. Ich könnte mich nicht im Spiegel ansehen, wenn ich damals gegen die
Nazis nichts gemacht hätte. Und wir haben ja unbewaffnet gekämpft, mit den
Waffen der Frauen.
Bereust Du
irgendetwas?
Ich bereue nichts. Und
das am Ende eines Lebens sagen zu können, ist doch wundervoll. Wäre ich nicht
so mutig gewesen, hätte ich alles mit mir und mit meinen Lieben machen lassen,
würde ich mich schuldig fühlen und bereuen.
Tja, Miranda, ich
hätte zwar noch einige Fragen, aber wenn ich die stelle, dann wissen die
anderen Leser sofort, wie sich alles entwickelt hat. So bleibt mir nur zu
sagen, dass ich von Dir beeindruckt bin und nicht glaube, dass ich den Mut
aufgebracht hätte.
Danke. Aber ich bin
mir sicher, dass Du auch mitgeholfen hättest, für das Gute zu kämpfen lohnt
sich immer. Denn wenn die Guten nicht kämpfen, siegt das Böse. Und wir Frauen
haben ja auch mit sehr kleinen Mitteln gekämpft. Es hätte sicher etwas für dich
gegeben, das du gewagt hättest. Erst wenn es um Leben und Tod geht, weiß man,
zu was man fähig ist.
Zum Schluss noch eine
Sache, was gibst Du Deinen Mädels noch mit auf dem Weg?
Lasst euch nichts
gefallen, ihr seid klug und stark. Redet miteinander, wenn es Unstimmigkeiten
gibt. Denn jemanden aus der Familie zu verlieren ist das schlimmste was es gibt
auf der Welt.
Tja, so ähnlich
könnte sich alles abspielen und natürlich habe ich Espresso bekommen und durfte
von den leckeren Buranellis probieren.
Das freut mich, ich
hoffe sie haben dir auch das Rezept mitgegeben. Sonst findest du es im Buch,
zusammen mit köstlichen anderen venezianischen Gerichten.
Ich danke dir für die
klugen Fragen und hoffe, du hattest eine schöne Reise nach Venedig, die dich
zum Nachdenken über dein eigenes Leben gebracht hat. Haltet die Augen offen,
damit etwas in der Art nie wieder geschieht. Wehrt euch, ihr könnt es.
Alles Liebe, Miranda
Seid Ihr nun neugierig auf das Buch und möchtet mehr erfahren? Auf der Seite von Missis Leseecke
gab es gestern 23.5. die Buchvorstellung