Samstag, 2. Mai 2020

Autoreninteview - Jörg Rönnau




Lieber Jörg,
Du gehörst zu den wenigen Autoren, die ich interviewe und noch nicht persönlich kennen lernen konnte. Aber wir haben durch Facebook Kontakt zu einander und vielleicht sehen wir uns mal auf einer der vielen Buchmessen. Ich freue mich immer, wenn ich für mich neue Autoren finde und deren Bücher mich begeistern. Dich habe ich durch den Maximum Verlag gefunden, dazu schreibe ich später noch etwas, jetzt möchte ich gerne mit meinen Fragen starten.


Ich freue mich, dass Du Dir die Zeit nimmst und meine Fragen beantworten möchtest.
Ich habe bei meiner Recherche gelesen, dass Du Deinen Kindern früher Geschichten erzählen musstest, sie wollten nicht einfach nur etwas vorgelesen bekommen. Hast Du diese Geschichten irgendwo festgehalten?

Leider nicht, die entstanden damals alle aus dem Stegreif, ist aber auch schon lange her und meine Kinder sind inzwischen erwachsen. Die Geschichten habe ich aber trotzdem nicht vergessen und sie sind immer noch noch in meinem Kopf, vielleicht wird es mal Zeit für ein Kinderbuch (schmunzel). Damals waren Edgar und Klausi die Helden der Gute-Nacht-Geschichten. Dabei handelte es sich um zwei Holsteiner Bauern, die ständig in irgendwelche spannenden Abenteuer hineingeraten sind. Die beiden pfiffigen Landwirte mussten gegen blutrünstige Piraten, Schmuggler, Diebe, Ungeheuer oder Banditen kämpfen. Natürlich kam auch der Humor nicht zu kurz und meine Kids haben damals vor Vergnügen gegackert und sprechen noch heute davon.


Nun ist es ja eine ganz andere Sache, den Kindern Geschichten zu erzählen oder Krimis zu schreiben. Ich denke mir, dass auch ein gewisser Zeitraum dazwischen liegt. Wie bist Du letztendlich auf die Idee gekommen, Bücher zu schreiben?

Da bin ich eher ein „Spätzünder“, aber einen Roman zu schreiben spukte schon immer in meinem Kopf herum. Beruflich stark eingebunden und als Familienvater hatte ich nie viel Zeit dafür. Aber ich habe schon immer gerne Geschichten erzählt und meine Frau meint, ich sei ein „Sabbelkopp“. Vor einigen Jahren wurde ich sehr krank und bin es leider immer noch. Ich musste deshalb meinen Beruf aufgeben und was fängt man mit der gewonnenen Zeit an? Genau, man kommt auf die Idee, den lang gehegten Wunsch in die Tat umzusetzen. Da ich schon immer gerne Regionalkrimis von der Waterkant gelesen habe, wurden es letztendlich norddeutsche Krimis mit viel Lokalkolorit und das Schreiben macht mir großen Spaß.


Du schreibst im Genre Krimi, kannst Du Dir vorstellen auch mal in einem anderen Genre zu schreiben?

Wie ich oben bereits erwähnt habe, wäre ein Kinderbuch super. Außerdem spukt noch ein Vatikan-Thriller in meinem Kopf herum, ich weiß gar nicht warum, aber ich mag dieses Genre sehr. Darüber hinaus hege ich seit langer Zeit den Wunsch einen Krimi rein in Plattdeutsch zu schreiben, dass muss ich auch einmal verwirklichen.


Snack mol wedder Platt, ich habe gelesen, dass Du mit Leidenschaft Plattdüütsch sprichst, hast Du nicht mal Lust, kleine Büchlein mit Sprüchen oder so in Plattdüütsch zu schreiben?

Ich schreibe bereits seit Jahren plattdeutsche Kurzgeschichten und Gedichte. Meistens sind es eher lustige „Döntjes“, aber auch Texte zum Nachdenken. Einige von ihnen gibt es auf meiner Webseite und der Rubrik „Plattdüütsch – Jörg vertellt“ zu lesen. Es macht mir großen Spaß in Platt zu schreiben und ich rede es, wann immer es geht. Und wer weiß, vielleicht findet sich ja ein Verlag, der mit mir so ein Büchlein veröffentlichen möchte? Also, wenn ein plattdeutscher Verlag dies liest, gerne bei mir melden ;-) !


Wie findest Du die Ideen zu Deinen Büchern?

Da muss ich nicht lange suchen, Ideen kommen von ganz alleine, die liegen quasi zur freien Verfügung auf der Straße und man muss sie nur erkennen. Jede Begegnung, jedes Ereignis kann eine Story sein. Irgendein kleiner Impuls von irgendwoher, eine Beobachtung und schon ist eine neue Idee geboren, dann habe ich innerhalb von Augenblicken eine ganze Story im Kopf. Das Schreiben dauert dann natürlich wesentlich länger ;-) und ich glaube, mein Leben wird nicht ausreichen, um alle Ideen zu verwirklichen. 


Wie lange schreibst Du an einem Buch?

Das ist sehr unterschiedlich. Da ich gerne Romane mit historischem Hintergrund schreibe, brauche ich sehr viel Zeit für die Recherche, denn die Historie soll ja möglichst authentisch sein. Aber im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass ich an einem Buch durchschnittlich ein Jahr arbeite.
Momentan schreibe ich, neben einem neuen Matthiesen-Krimi, auch an einem Spionage-Thriller, der gleichzeitig eine maritime Retrospektive der Schifffahrt des beginnenden 20. Jahrhunderts darstellt und dafür ist unendlich viel Recherche notwendig.


Deinen Hauptberuf hast Du ja aufgeben müssen, wie sieht nun Dein Autorenalltag aus?

Ganz ehrlich? Was das betrifft, bin ich eher absolut chaotisch! Tagesablauf und Struktur gibt es bei mir nicht. Da gleicht kein Tag dem anderen. Ich kann mich nicht so diszipliniert hinsetzen und schreiben, so wie viele andere Autoren es tun, so quasi mit täglichen Vorgaben an Wörtern und Seiten. Geschrieben wird, wenn geschrieben wird und dann kann es auch zu jeder Tag- und Nachtzeit sein ... stundenlang, wie im Rausch oder auch mal gar nicht ... chaotisch eben ;-)


Wer darf Dein Buch als erstes lesen?

Meine beste und schärfste Kritikerin ist meine Frau, sie „muss“ alle neuen Sequenzen zuerst lesen oder ich lese sie ihr vor. Ansonsten gibt es ein paar auserwählte Testleser, an deren Meinung mir sehr viel liegt.


Hast Du Zeit und Lust Bücher Deiner Kollegen zu lesen?

Ja, das mach ich sehr gerne. Besonders die neusten Werke des „Kieler Krimi Kartells“ muss ich unbedingt lesen, wobei mir der Kieler Autor Kurt Geisler inzwischen als guter Freund besonders ans Herz gewachsen ist und wir betiteln uns mittlerweile spaßeshalber als „Kumpel“ ;-) und treffen uns zum Kaffee und Klönsnack.
Ansonsten lese ich sehr gerne Regionalkrimis und Romane, die im Norden beheimatet sind.


Hast Du als Kind gerne gelesen und wenn ja, an welche Bücher kannst Du Dich erinnern?

Ich war bereits als Kind ein Lese-Junkie. Karl May, Jules Verne, Jack London, Astrid Lindgren, die ganze Palette der Abenteuerliteratur habe ich damals verschlungen, besonders wenn die Geschichten auf dem Meer, auf Schiffen oder tropischen Inseln spielten. Moby Dick, Der Seewolf, Die Schatzinsel usw.! Oft habe ich diese Bücher so richtig klassisch mit Taschenlampe unter der Bettdecke gelesen. 


Wenn Du eine Zeitreise machen könntest, welchen Autor der Vergangenheit möchtest Du besuchen und warum?

Jack London ist und war schon immer einer meiner Lieblingsautoren. Seine Biografie hat mich schon als Jugendlicher fasziniert. Er war Seemann, Goldgräber, Robbenfänger, Austernpirat und noch viel mehr, hat quasi all seine Abenteuerbücher selbst erlebt, sie an Lagerfeuern in der Wildnis Alaskas oder von Matrosen auf den Weltmeeren gehört. Mit ihm zusammen eine längere Seereise auf einem Segler, mit langen Gesprächen über Gott und die Welt ... das wäre schon eine grandiose Vorstellung. 


Gibt es ein Buch, dass Du schon immer mal lesen wolltest, es bisher aber nie geschafft hast?

Eins? Ich glaube, es müssen noch Hunderte sein, hihi, aber eins fällt mir spontan ein: „Ulysses“ von James Joyce.


Ich habe von Dir zwei Bücher gelesen, die mir sehr gut gefallen haben: „Der Käpt’n jenseits der See“ und „Kriegsgold“. Beide Bücher sind im Maximum Verlag erschienen. Wie bist Du zu diesem Verlag gekommen und fühlst Du Dich dort gut aufgehoben?

Eigentlich hatte ich das Manuskript zum „Käpt’n“ an den Bookspot Verlag geschickt und sie haben das Buch auch angenommen und wollten es verlegen. Damals war Petra Mattfeldt dort noch in der Geschäftsleitung tätig, war aber gerade dabei einen eigenen Verlag zu gründen. Ich hatte die Wahl, entweder beim Bookspot Verlag zu veröffentlichen oder mit Frau Mattfeld neue Wege zu gehen. Ich entschied mich für den zweiten Weg, den MAXIMUM Verlag und habe es nicht bereut. Frau Mattfeldt ist eine großartige Verlegerin und eine beeindruckende Persönlichkeit. Die Zusammenarbeit mit ihr und mit dem Verlag macht sehr viel Spaß und ich fühle mich dort sehr wohl, es ist schon fast familiär  ;-) .


Du bist Mitglied beim Kieler Krimi Kartell, was kann ich mir darunter vorstellen und was macht Ihr dort so?

Das Kieler Krimi Kartell hat sich im vorigen Jahr zusammengefunden und es ist eine „verschworene Schreibergilde“ von inzwischen 16 Autoren aus dem Raum Kiel und darüber hinaus. Wir treffen uns in unregelmäßigen Abständen bei den verschiedenen Autoren Zuhause, fachsimpeln, quatschen über Gott und die Welt und planen gemeinsame Projekte und Lesungen, die ja zur Zeit (bedingt durch die Corona-Pandemie) leider alle ausfallen müssen. Wir stehen kurz vor der Veröffentlichung unserer ersten Krimi-Anthologie unter dem Namen „Mörderische Kieler Förde“. Dieses spannende Buch, mit packenden Kurzgeschichten, erscheint im Gmeiner Verlag und der bekannte Kieler Krimiautor Kurt Geisler ist der Herausgeber. Außerdem sind weitere Anthologien geplant.
Wer mehr über das Kieler Krimi Kartell erfahren möchte, der darf gerne unsere Webseite besuchen:


Der Austausch mit Deinen Kollegen ist Dir also wichtig, hast Du auch Kontakt zu Lesern?

Der Kontakt zu meinen Lesern ist mir sehr wichtig, besonders auf Lesungen, da spürt man die Resonanz quasi hautnah und ich mag die Atmosphäre auf solchen Veranstaltungen. Außerdem liebe ich es, dort mit den Leuten zu quatschen. Leider finden momentan durch die Corona-Pandemie keine Lesungen statt und ich hoffe, dass sich die Lage bald entspannt und wir Autoren wieder loslegen können.
Ansonsten bekomme ich häufig Mails von Lesern, oder sie schreiben mir persönliche Nachrichten auf Instagram, Facebook oder per Post. Ich freue mich über jede einzelne Nachricht und sie wird auch beantwortet.


Arbeitest Du mit Bloggern zusammen oder ist da noch einiges im Aufbau?

Da ist noch einiges im Aufbau, aber mit einigen stehe ich bereits in sehr gutem Kontakt und ich schätze ihre Arbeit sehr und freue mich über jede Rezension zu meinen Büchern.


Nun habe ich wie immer sehr viel gefragt und trotzdem bestimmt das eine oder andere vergessen. Deshalb gebe ich Dir hier die Möglichkeit und frage, was wolltest Du uns Lesern immer schon mal sagen:

Da möchte ich mich einfach mal bei allen Lesern ganz herzlich bedanken. Nur durch ihr Interesse ist es uns Schreiberlingen möglich, das zu tun, was wir gerne machen, nämlich Geschichten zu erzählen.


Zum Abschluss nenne ich gerne Namen und Begriffe und frage meinen Interviewpartner, was ihm dazu einfällt:

Klaus Störtebecker
Norddeutscher Pirat und Haudegen, dessen Leben bestimmt viel Stoff für einen spannenden Abenteuerroman liefert.

Astrid Lindgren
Verehre und liebe ich. Ihre großartigen Romane begleiten mich seit meiner frühsten Kindheit. Ich liebe ihre Heimat Småland und war bereits einige Male dort, um die Schauplatze ihrer Bücher zu besuchen, wie z.B. den Katthult-Hof (Michel von Löneberga), Bullerbü usw.! Die Landschaft dort, mit ihren tausenden von Seen und Wäldern, ist einfach nur fantastisch! 

Kiek mol wedder in
Plattdüütsch mien Modderspraak, ik snack so geern Platt un wi mütt oppassen, dat de Spraak ni verloren geiht. Deshalb segg ik jümmers: Lüüd snackt Platt, jümmers un överall ... un hol ju al fuchtig ;-)


Ich schrieb gerade, dass ich obige Frage zum Abschluss all meinen Interviewpartnern stelle, aber diesmal ist es anders. Ich erweitere mein Interview und möchte noch einmal auf Dein Buch „Kriegsgold“ zurückkommen.





Denn es jährt jetzt im Mai 2020 etwas, das wir nicht feiern, aber woran wir doch denken wollen. Der schreckliche zweite Weltkrieg war endlich zu Ende. Allerdings hat es sehr lange gedauert, bis Normalität eintreten konnte, zu viel war zerstört und zu vieles musste aufgedeckt werden. In Deinem Buch hast Du „eine explosive Mischung aus Diebstahl, Mord und Rache“ beschrieben und „zugleich einen spannenden Blick in die Geschichte“ gewährt.
Wie bist Du auf die Idee zu diesem Buch gekommen?

Die Idee kam mir, als ich vor einiger Zeit zum zigsten Mal „Das Boot“ von Lothar-Günther Buchheim gelesen habe, für mich, einer der großartigsten Romane der Weltliteratur. Plötzlich sah ich beim Lesen den „Alten“ als Kapitänleutnant Johann von Stackeldorf vor mir und der historische Teil von „Kriegsgold“ war geboren.


Du behauptest in der Anmerkung zwar, dass die Geschichte Deiner blühenden Fantasie entsprungen ist. Aber trotzdem musstest Du gut recherchieren, wie bist Du hier vorgegangen?

Natürlich liegt zwischen der Idee und der fertigen Story eine Menge Recherche, denn die historischen Fakten sollen ja auch authentisch sein. Dazu habe ich viel über diese Zeit gelesen, angefangen über die Technik der damaligen U-Boote, bis hin zu historischen Ansichten aus Kiel. Außerdem konnte ich auf Erzählungen meines Vaters zurückgreifen, der als junger Mann auf solch einem Boot gefahren ist und den Schrecken des Seekrieges hautnah miterlebt hat. 
Zudem habe ich nochmals die Bücher „Das Boot“ und „Die Festung“ von Lothar-Günther Buchheim gelesen, um mich in die Zeit des Zweiten Weltkriegs einzustimmen. Beide Bücher sind anschauliche Werke, die die Atmosphäre dieser Ära drastisch wiederspiegeln.


Ich stelle mir vor, dass es gefühlsmäßig sicher nicht einfach war, zum Beispiel sich in die Männer zu versetzen, die sich im U-Boot befanden, wie ging es Dir da?

Wie oben bereits erwähnt, ist mein Vater auf so einem U-Boot gefahren. Von ihm weiß ich, wie furchtbar es auf solchen schwimmenden Särgen gewesen sein muss. Jeder, der schon mal das U-Boot-Denkmal in Laboe besucht hat und im Inneren von U-995 war weiß, wie beklemmend eng es dort drinnen ist. Wenn ich mir vorstelle, in so einem Ding unter der Wasseroberfläche und dann noch bei einem Angriff mit Wasserbomben zu sein ... furchtbar! Das muss die Hölle gewesen sein.    

Nein, nur auf die Erzählungen meines Vaters, auf entsprechende Literatur aus jener Zeit und sehr gute historische TV-Dokumentationen.


Ich habe das Buch ja gelesen und auch rezensiert, ich war begeistert und fand es sehr emotional. Möchtest Du noch etwas dazu sagen?

Das freut mich sehr, dass es dir so gut gefallen hat. Es freut mich immer wieder, wenn ich die Leser mit meinen Geschichten emotional erreichen kann. Mir hat zum Beispiel eine Leserin geschrieben, dass sie beim „Käpt’n“ Rotz und Wasser geheult hat, als sie die Szene las, in der der blutjunge Jack London und Hannes Kröger sich das erste Mal in San Francisco trennen, nachdem sie sich kennen und schätzen gelernt haben. Solche Rückmeldungen berühren mich sehr und ich freue mich darüber.

Nun soll bitte niemand denken, das ist kein Buch für mich. Es sollte aber von mehreren Seiten betrachtet werden. Es erinnert einen an eine Zeit, die sich keiner zurückwünscht. Es hat für viel Spannung gesorgt und das sollte ja ein guter Krimi. Gerne und hier spreche ich noch einmal meine Leseempfehlung aus.

Nun komme ich aber wirklich und endlich zum Ende und ich möchte mich bei Dir, lieber Jörg für die Beantwortung meiner Fragen bedanken.



Im Maximum Verlag sind bisher diese beiden Bücher erschienen:



Mehr Informationen zum Autor und den Büchern gibt es hier:

Maximum Verlag

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