Freitag, 10. April 2020

Autoreninterview Valeska Réon

Valeska und ich, in der Pause beim Casting, 
mehr Infos dazu gibt es im Text


Liebe Valeska,
ich freue mich, dass Du meine Fragen beantworten möchtest, aber bevor ich loslege, schreibe ich zunächst, wie wir uns kennen gelernt haben.

Es war mal wieder reiner Zufall.
Ich saß in der Bloggerlounge der Leipziger Buchmesse und unterhielt mich mit einer Autorin, die auf einmal aufsprang, weil sie jemanden gesehen hatte und begrüßen wollte. Ich wurde gebeten ein Bild zu machen und wir wurden einander vorgestellt. Wenn ich mitbekomme, dass jemand Krimis schreibt, dann bin ich sofort dabei und es wurden Daten ausgetauscht, damit ich ein Buch erhalten kann.
Kurze Zeit später schlenderte ich wirklich wieder rein zufällig auf dem Weg zu einem Termin an dem Stand des Verlages vorbei und sehe die Autorin mit ihrem Autorenpartner, der meinte, warum lange auf die Mail warten und so wanderte das Buch mit Signatur in meine Tasche und alles nahm seinen Lauf.
Danach haben wir uns übrigens noch in Düsseldorf getroffen, aber darüber werde ich jetzt nichts erzählen, schließlich möchte ich hier ein Interview mit Dir führen.



Wenn ich im WWW nach Informationen über Dich suche, finde ich jede Menge. Du hattest ein sehr bewegtes Leben und dies auch in Deinen Büchern festgehalten. Wie bist Du auf die Idee gekommen, Bücher zu schreiben?

Da ich strohdoof in Mathematik war, musste ich mich auf das Schulfach Deutsch konzentrieren. Damals merkte ich schon, dass ich ganz gut Aufsätze schreiben kann, und als ich dann später die Serie „Mord ist ihr Hobby“ sah, keimte der Wunsch in mir auf, auch so eine Art Jessica Fletcher zu werden. Es hat dann aber noch einige Jahre gedauert, bis es soweit war. Das Buch „Körperharmonie“ von Christine Kaufmann und „Boobs, Boys, and High Heels“ von Dianne Brill haben meinen Entschluss dann beschleunigt, und ich habe das Manuskript zu meinem ersten Buch „Das kleine Grüne“ an den Ullstein Verlag geschickt. Ein Ratgeber, der aber locker-leicht und witzig verfasst war – damals eine Marktlücke, die ich gerne gefüllt habe.


Bevor ich weitere Fragen zu Deinen Büchern stelle, möchte ich gerne wissen, ob Du als Kind gerne gelesen hast und wenn ja, an welche Bücher erinnerst Du Dich?

Angefangen habe ich mit einem für mein Alter eigentlich viel zu „schweren“ Stoff: die griechischen Sagen. Danach kamen dann alle Bücher von Agatha Christie dran, damit (und siehe Frage zuvor) war wohl der Grundstein dafür gelegt, später einmal selber Krimis zu schreiben.



Über Deinen Lebensweg und die Erfahrungen, die Du gemacht hast, wurden einige Bücher geschrieben. Ich stelle es mir sehr schwer vor, wie ging es Dir dabei?

Nach drei Sachbüchern zum Thema „Gesundheit + Schönheit“ habe ich das Bedürfnis verspürt, einmal meine eigene Lebensgeschichte zu Papier zu bringen. Als ich meinen Eltern 1980 verkündete, dass ich lieber ein Mädchen wäre, brach deren Welt zusammen. Das war damals in so einem kleinen Kaff wie Königswinter – was mir aber gar nicht so bewusst war – DER Skandal schlechthin. Wirkt übrigens bis heute nach, wie ich vor Kurzem wieder feststellen durfte, als ich die größte Klatschtante des Ortes im Supermarkt traf. Da kann ich heute nur müde drüber lächeln (was die Tante sichtlich geärgert hat).
Aber zurück zum Buch. „Blumen für ein Chamäleon“ war für mich wie eine Therapie, da ich dabei alles für mich noch einmal geradegerückt habe. Und zu sagen „Ich bin mit mir im Reinen“ ist das Schönste, was einem passieren kann.
Das Buch wollte seinerzeit dann jedoch kein Verlag haben. Nach drei Sachbüchern war es Ullstein „zu heiß“, es hätte angeblich nicht zu meinem Image gepasst. Der Männerschwarm Verlag hat es dann verlegt, und es war noch nicht ganz raus, da bekam ich jede Menge Zuschriften von Betroffenen. Alle hatten denselben Tenor: „Danke, dass du uns gezeigt hast, dass ich mich nicht umbringen muss und es immer eine Lösung gibt.“
Das hat mich damals total umgehauen, mir aber auch gezeigt, dass ich von da an in einer verantwortungsvollen Vorbildfunktion war. Zu Anfang war das nicht leicht, weil ich diesen Teil meines Lebens irgendwie immer ausgeklammert hatte, aber mittlerweile kann ich ganz gut damit umgehen. Lustig ist nur, wenn ich eine Lesung aus einem meiner Bücher gebe, dann bekomme ich immer den folgenden Satz zu hören: „Du bist ja so normal.“
Meine Antwort ist dann jedes Mal dieselbe: „Na, das hoffe ich doch!“


Ich bin ja sehr begeistert, was Du auch jetzt noch alles so machst. Als Model arbeitest Du ja wohl nicht mehr, bist Du noch als Detektivin tätig?

Ja, ich habe sehr viele Jobs durch. Wenn ich heute daran denke, dass ich noch vor meiner OP als Model nach Paris gegangen bin – ich muss wahnsinnig gewesen sein!
Die Detektei habe ich zugunsten meines Lektorats aufgegeben. Übrigens der schönste Job von allen!


Ich habe irgendwo gelesen, dass es einen Film zu einem Deiner Bücher geben wird. Welches Buch ist es und wann wird der Film zu sehen sein?

Haha, ja, das war lustig. Meine Biografie „Blumen für ein Chamäleon“ war noch nicht erschienen, da schrieb mich der Filmemacher Jakob M. Erwa über XING an, dass er es verfilmen wollte. Es war der 1. April 2012, ich habe das echt für einen Scherz gehalten!
Aber tatsächlich hat er sich die Optionsrechte gesichert. Eigentlich sollte es diesen Sommer verfilmt werden, aber wegen Corona kann man zurzeit ja gar nicht genau sagen, wie das alles weitergeht. Doch zumindest darf ich verraten wer mitspielen wird: Katja Riemann (als meine Tante Christa), Justus von Dohnányi (mein Vater) und Udo Kier als Boss der Modelagentur.


Ein weiteres Buch wurde als Theaterstück umgeschrieben. Jetzt erwähne ich doch einen Grund, weshalb wir uns in Düsseldorf gesehen haben. Ich war nämlich zeitweise beim Casting dabei, was ich ausgesprochen interessant fand. Wann habe ich die Möglichkeit das Stück zu sehen?

Ja, darüber freue ich mich ganz besonders. „Wie auf Sand“ ist ein sehr persönliches Buch geworden, zu viel zur Auflösung möchte ich aber jetzt nicht verraten. Das Stück ist fertig, sowohl der reine Bühnen-Part als auch die beiden dazugehörigen Filmeinspielungen. Aber alle Lesungen und Veranstaltungen sind ja zurzeit ausgesetzt. Ich schlucke derweil jede Menge liposomales Vitamin C und hoffe, 1. von Corona verschont zu bleiben und 2. dass Du und viele andere es dann im Herbst in Düsseldorf zu sehen bekommt.


Du spielst darin auch eine Rolle, möchtest Du dazu etwas schreiben?

Bei den Dreharbeiten zu den beiden das Theaterstück begleitenden Filmen stellte sich heraus, dass die Rolle meiner damaligen Psychotherapeutin Frau Dr. Gisela Walden am besten gespielt werden kann … von mir.
Ich mache ja viel verrücktes Zeug und habe vor nix Angst, aber diese Frau war für mich damals ein Rettungsanker (Stichwort: Rational-emotive Therapie nach Albert Ellis) und sowohl menschlich als auch modisch ein Vorbild. So war ich mir der Verantwortung sehr wohl bewusst, und ich hoffe, ich habe sie gut in Szene gesetzt.


Also, ich fasse mal zusammen, Du arbeitest als Lektorin, Autorin, Schauspielerin und was sonst noch?

Als ich damals keine Lust mehr auf die Glitzerwelt der Mode hatte, habe ich eine Umschulung zur Industriekauffrau gemacht und einige Jahre als Assistentin der Geschäftsleitung in einem großen Architekturbüros gearbeitet.
Wenn Deine Frage darauf hinausläuft, was ich noch machen möchte: eine Talkshow im Literaturbereich würde ich liiiiebend gerne moderieren, sowas wie „Das Literarische Quartett“. In der ersten Sendung hätte ich dann diesen niedlichen Sebastian Fitzek und Wulf Dorn auf meinem Sofa sitzen. Seufz …
Also liebe Redakteure von Arte und 3sat, schreibt mich gerne an!


Hast Du eigentlich noch Zeit für andere Dinge? Du hast einen Hund und machst mit ihm viele Spaziergänge, ist das für Dich Erholung und dient zum Kraft sammeln?

Ja, mein Max, der hält mich davon ab, ein Couch Potatoe zu werden, ich bin nämlich total unsprotlich. Bald kommt noch eine Hündin dazu, die kleine Mira. Aber lektorieren, selber Bücher schreiben und zwei vierbeinige Freunde, da bleibt nicht viel Zeit für andere Dinge. Na ja, für den Fitzek würde ich mir indes doch ein wenig Zeit freischaufeln.


Als Lektorin liest Du ja sehr viele Bücher, hast Du dann überhaupt noch Lust, so rein privat etwas zu lesen?

Ja, und wie. Am liebsten Krimis, und da ich gerade an einem Anti-Aging-Ratgeber schreibe, lese ich dazu gerade viele Fachbücher.


Wie lange brauchst Du, um ein Buch zu schreiben?

Da meine Geschichten sehr recherche-intensiv sind, sitze ich mindestens ein Jahr an einem Buch. Außerdem gehe ich immer ganz in meinen Buchfiguren auf, das geht so weit, dass sie mir manchmal gegenübersitzen und mir „erzählen“, dass der Plot doch auch so oder so funktionieren würde. Meine Bücher enden oft anders, als ich es eigentlich geplant hatte.


Wer darf Dein Buch als erstes lesen?

Meine Schulfreundinnen kommen immer als Erste in den Genuss (also, ich hoffe jedenfalls, dass sie es so empfinden). Wir kennen uns seit 1969, und sie sagen mir immer ganz klipp und klar, wenn da etwas im Text nicht ganz rund ist. Nach vielen Jahren, wir wir gar keinen Kontakt hatten, ist dieser jetzt sogar sehr eng und es ich merke, dass das eine Lücke in meinem Leben schließt, die (von mir unbemerkt) sehr schmerzlich war.


Wie sieht überhaupt Dein Alltag aus?

Ich bin eine Langschläferin, versuche aber immer um 8 Uhr aufzustehen. Schnell ins Bad, dann mit Max in den Wald. Frühstück fällt bei mir seit einiger Zeit aus, da ich gemerkt habe, dass intermittierendes Fasten gut für meine Insulinresistenz ist. Mittags gibt es dann immer „was Gesundes“: überbackenes Gemüse, Lachs in Limonensauce ... Auf jeden Fall muss es immer schnell zubereitet sein, wie ich es in meinem Kochbuch „Zuckermanagement“ ja auch zeige.
Dann lektoriere ich, wobei ich dabei Handy & Co. immer ausschalte. Meine eigenen Bücher schreibe ich immer nach dem letzten Doggiewalk um 22 Uhr, manchmal auch bis in die Nacht. Da bin ich wirklich sehr gesegnet, dass ich mir meinen Tag frei einteilen kann.
Zurzeit recherchiere ich für einen neuen Roman, der 1978 in Holland spielt und im Rückblick dann die Judendeportationen im Zweiten Weltkrieg behandelt.


Wenn Du in die Vergangenheit reisen könntest, welchen Autor würdest Du besuchen und warum?

Oscar Wilde – ich glaube, jemand, der so ein tolles Buch wie „Das Bildnis des Dorian Gray“ schreibt, mit dem hätte ich Gesprächsstoff für mehrere Jahre.


Nun habe ich mal wieder reichlich Fragen gestellt und bestimmt auch wieder etwas vergessen, deshalb gebe ich Dir hier die Möglichkeit, was wolltest Du uns Lesern immer schon mal sagen:

Herzlichen Dank, dass ihr mir seit 1997 die Treue haltet. Ich verspreche, dass noch ganz viele tolle Bücher folgen werden!


Zuletzt frage ich mal wieder, was Dir zu folgenden Begriffen und Namen einfällt:

London: Nach Wien meine Zweit-Lieblingsstadt. Laut, bunt und swinging – big Like!!!

Hundertwasser: Fand ich mal ganz toll, ist mir heute zu verschnörkelt.

Paris: Da habe ich von 1985 bis 1989 gelebt. Dieser unangestrengte Chic der Pariserinnen – damit muss man wohl geboren sein. Was ich mir dort jedoch angewöhnt habe: Mit Händen und Füßen zu reden (eine sehr „undeutsche“ Eigenschaft). Wer mal auf einer Lesung von mir war weiß, was ich meine.


Liebe Valeska, ich bedanke mich vielmals.




Wer noch mehr über die Autorin erfahren möchte, kann auf folgende Links klicken:

Autorenseite bei Amazon

Homepage 





Stellvertretend für alle Bücher möchte ich zwei Cover zeigen


Wie auf Sand


erschienen: 13. Dezember 2019

Seiten: 300


Blumen für ein Chamäleon


erschienen:  1. April 2012

Seiten: 240